Widerstand

Richter-Aufstand gegen Babler und Kanzler: "Posten-Deals!"

Im aktuellen Regierungsprogramm legen ÖVP, SPÖ und NEOS erstmals offen, wer künftig über die Besetzung von Schlüsselpositionen in Justiz und Behörden entscheidet. Doch statt Lob gibt es scharfe Kritik.

Österreichs Richter und internationale Gremien warnen vor politischer Einflussnahme und fordern unabhängige Auswahlverfahren für hochrangige Posten in der Justiz. 

Offene Posten-Verteilung "ändert nichts am System" 

Die Ampel-Koalition preist die neue Transparenz als Fortschritt: Künftig soll klar geregelt sein, welche Partei welchen Spitzenposten vergibt. So schlägt etwa der Bundeskanzler Stocker (ÖVP) den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs vor, der SPÖ-Vizekanzler Babler den Vizepräsidenten. Auch beim Verfassungsgerichtshof, der Nationalbank oder der Wettbewerbsbehörde wird die Macht unter den Koalitionspartnern aufgeteilt. „Es zählt zu den Wesenselementen demokratischer Staaten, dass staatliches Handeln durch demokratisch legitimierte Organe erfolgt“, argumentieren die Parteien.

Doch Kritiker wie Dr. Markus Thoma vom Dachverband der VerwaltungsrichterInnen sehen darin nur kosmetische Korrekturen: „Der Fortschritt liegt allein in der Offenlegung – an der politischen Einflussnahme ändert sich nichts“ , wetterte Thoma im Ö1-Radio. Bisher wurden solche Dealings oft in geheimen „Side-Letters“ geregelt.

Richter vs. Regierung: Streit um demokratische Legitimation

Während die Koalition betont, dass die Postenvergabe „auf das Volk zurückführbar“ sein müsse, halten Experten in der Justiz dagegen: „Demokratische Legitimation braucht keinen Politiker, der einem die Hand auflegt“, sagt Verbandschef Thoma. Richterverbände fordern seit Jahren, die Auswahl an unabhängige Gremien aus Justiz-Expert:innen zu übertragen – ähnlich wie in anderen EU-Ländern.

Doch im aktuellen Programm fehlt eine solche Reform. Weder richterliche Gremien noch gerichtliche Überprüfungen sind vorgesehen. „Das System bleibt anfällig für parteipolitische Deals“, moniert Thoma. Besonders brisant: Österreich wurde bereits vom Europarat für die intransparente Besetzungspraxis gerügt.

Wer darf was besetzen

Die konkrete Aufteilung der Besetzungen durch die Regierung liest sich wie ein Macht-Kompass:

Verfassungsgerichtshof: SPÖ, NEOS und ÖVP reichen sich bei Vorschlagsrechten ab.

Nationalbank: Kanzler (ÖVP) ernennt Präsidenten, Vizekanzler (SPÖ) den Stellvertreter.

Bundeswettbewerbsbehörde: NEOS entscheiden über die Generaldirektion.

Doch gerade bei der Justiz stößt die Praxis auf Widerstand. „Ein gewaltenteilender Rechtsstaat muss die Gerichtsbarkeit von politischer Einflussnahme befreien“, betont Thoma. Internationale Beobachter beim Europarat fragen: Warum setzt Österreich nicht auf bewährte Modelle wie Richterwahl-Ausschüsse?

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