Kritik an der ORF-Berichterstattung übt die Richtervereinigung nach dem ausgestrahlten Kampusch-Interview.
Die österreichische Richtervereinigung wehrt sich gegen die Äußerung von Natascha Kampusch, wonach sie ihren "Glauben an die Justiz dieses Landes schon irgendwie verloren" hätte und übt Kritik an der Form der Berichterstattung des ORF. Journalist Christoph Feurstein habe es unterlassen "auf die Trennung der Staatsgewalten" hinzuweisen, sagte der Vizepräsident der Richtervereinigung, Manfred Herrnhofer.
Natascha Kampusch hat unterdessen ihre Kritik gegenüber der heimischen Justiz zurückgenommen. Es tue ihr leid, hier sei ein Versprecher passiert, so die 19-Jährige. Gemeint sei natürlich die Exekutive.
Versprecher in "Interviewsituation passiert"
Im
Gespräch mit ORF-Redakteur Christoph Feurstein am Montag hatte das
Entführungsopfer angesichts der angeblichen Ermittlungspannen erklärt: "Ich
habe meinen Glauben an die Justiz dieses Landes schon irgendwie verloren."
Ihr sei die Trennung der Staatsgewalt sehr wohl bewusst, betonte Kampusch am
Dienstag. Der Versprecher sei ihr in der Interviewsituation "passiert".
Richtervereinigung legt Wert auf Unterscheidung
Herrnhofer
betonte, dass er "Wert auf die Unterscheidung zwischen der Exekutive
und der unabhängigen Justiz" lege. "Im Falle Kampusch hat die
Justiz - soweit sie bisher überhaupt befasst wurde - unverzüglich
entsprechend der Sachlage entschieden", meinte der Klagenfurter
Strafrichter. Die unabhängigen Gerichte seien in der Causa bisher nur einmal
mit einem Verleumdungsvorwurf konfrontiert worden, wo ein im Ruhestand
befindlicher Richter verurteilt worden sei.
Durch den "groben journalistischen Fehler" des ORF sei die unabhängige Justiz völlig zu Unrecht in Misskredit gebracht worden. "Gerade in Zeiten eines Bawag-Verfahrens und der Aufarbeitung schwerwiegender Vorwürfe gegen höchste Ressortverantwortliche ist das Vertrauen der Bevölkerung in eine unabhängige Justiz eine wesentliche Stütze zur Bewältigung ihrer schwierigen Aufgaben", erklärte Herrnhofer.
761.000 sahen zu
761.000 Zuseher waren am Montag Abend
durchschnittlich bei der "Thema Spezial"-Sendung "Die Akte
Kampusch - Eine Eine Chronik des Versagens" dabei. Im Interview mit
Christoph Feuerstein nahm Natascha Kampusch unter anderem Stellung zu
Ermittlungspannen in ihrem Entführungsfall. Laut ORF sahen zur Spitzenzeit
823.000 Seher zu. In den Kabel- und Satelliten-Haushalten wurde ein
Marktanteil von 27 Prozent erreicht.