"Bildung nervt!"

Schul-Experte Bernd Schilcher rechnet ab

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In neuem Buch aufgedeckt. Reform-Blockierer: Länder & Regierungsspitze.

Es ist ein Rundumschlag. In seinem neuen Buch „Bildung nervt“ kritisiert der ehemalige steirische Landesschul-Präsident Bernd Schilcher die Blockierer bei den großen anstehenden Bildungs-Reformen. Namentlich sind das für Schilcher, der auch in der Reform-Kommission von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sitzt, Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger sowie die Bundesländer.

„Die Partei-Chefs mischen sich überall ein“, wettert Schilcher im ÖSTERREICH-Interview Richtung Regierungsspitze. Die zuständigen Minister Schmied und Karlheinz Töchterle (ÖVP) wären willig, Reformen durchzuführen. „Aber sie werden dauernd gebremst“, so Schilcher. „Schmied darf nichts tun, was die ÖVP verärgert, und keine Ganztagsschule einführen. Töchterle darf keine Studiengebühren einführen – das ist ja lächerlich.“ Die Politik mache nur noch Klientelpolitik für die Lehrer-Gewerkschaft oder den katholischen Familienverband.

Kritik: Partei-Obleute handeln auf Länder-Zuruf
Grund für die Blockadepolitik der Regierungsspitze: die Abhängigkeit von den Bundesländern, die in Bildungsfragen keine Kompetenzen abgeben wollen. „Ohne die Länder werden die Partei-Obleute ja nichts, deshalb sollen sie nicht vergrämt werden.“

Positive Worte findet Schilcher lediglich für die parlamentarische Behandlung des Bildungs-Volksbegehrens, dessen Mitinitiator er war. „Die Abgeordneten der Parteien gehen sehr ernsthaft vor. Ich habe den Eindruck, dass sie auch einmal Positives bewirken wollen und nicht nur durch diverse Korruptionsausschüsse gehen wollen.“

"Kanzler und Vize bremsen"

ÖSTERREICH: Warum herrscht Stillstand bei Bildungsreformen?
Bernd Schilcher: Die meisten Politiker scheren sich überhaupt nicht um Eltern und Kinder. Es geht nur noch darum, Posten parteipolitisch zu besetzen, und damit die Lehrer-Gewerkschaft und Länder nicht zu vergrämen.

ÖSTERREICH: Gilt Ihre Kritik 
für alle Länder gleichermaßen?
schilcher: Die Steiermark, Oberösterreich und Salzburg machen es besser. Eine einheitliche Linie wäre wichtig, vor allem in der Frühförderung. Niederösterreich hat vier Prozent Kinderkrippen für Einjährige, Wien hat 25 Prozent. Das ist unmöglich.

ÖSTERREICH: Sie kritisieren auch Kanzler und Vizekanzler scharf.
schilcher: Minister Töchterle und Schmied wären ja gut. Aber die Parteichefs bremsen sie dauernd. Und sie nehmen zu viel Rücksicht auf die Länder, ohne die sie ja nichts wären. Niederösterreich verbrät zum Beispiel 39 Millionen Euro mehr, als ihm zusteht. Aber aus Angst, dass sie nicht mehr gewählt werden, sagen Kanzler und Vize: Liebe Frau Minister, du darfst da aber nicht kontrollieren.

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