Im Streit um eine bessere Schule herrscht Stillstand in unserem Land.
Schlecht ausgebildete Schüler, ein zersplittertes Bildungssystem, zu wenig Autonomie der einzelnen Schulen – das ganze Land diskutiert derzeit über die gewaltigen Mängel im heimischen Bildungssystem. Aber: Die politisch Verantwortlichen schweigen zu den Problemen, Verbesserungen in naher Zukunft sind noch lange nicht in Sicht. Und Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) entzieht sich der hitzigen Debatte derzeit durch einen fünftätigen Arbeitsbesuch in Peking. Erst heute wird sie wieder zurück erwartet.
Volksbegehren gegen politischen Stillstand
Schüler, Eltern und Experten sind sich jetzt, nach dem Start des neuen Schuljahres, einig: So kann es nicht weitergehen, kaum jemand will nun noch den politischen Stillstand im Land weiter akzeptieren. Autor Niki Glattauer spricht sich in ÖSTERREICH nun sogar für ein Volksbegehren aus. "Die anstehenden Probleme im Schulwesen wurden jahrelang verschleppt. Deswegen bin ich für ein Volksbegehren, damit endlich etwas weitergeht.“ Er will nicht nur eine flächendeckende Mittelschule, sondern auch eine einheitliche Lehrerausbildung und mehr Schulautonomie.
Schulpartnerschaft wird in Österreich nicht gelebt
Kurt Scholz, der ehemalige Präsident des Wiener Stadtschulrats, fordert seinerseits einen Bildungsgipfel mit allen Beteiligten. "Die gehören wie beim Vatikan symbolisch eingemauert und so lange nicht rausgelassen, so lange nicht ein bisschen weißer Rauch herauskommt“, so Scholz. Der Grund: "Ich werde das Gefühl nicht los, dass die handelnden Personen der Schulpolitik in Wirklichkeit nicht miteinander können.“ Ganz ähnlich sieht das auch Theodor G. Saverschel, Präsident des Bundesverbandes der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen: "Zwar haben wir offiziell in Österreich eine Schulpartnerschaft. Gelebt wird die allerdings nicht. Um unsere Schulen zu verbessern, müssen wir viel mehr miteinander sprechen“, so Saverschel im Gespräch mit ÖSTERREICH.
Neues Schulgesetz und Abschaffung der Lehrpläne
Auch Bildungsexperte Andreas Salcher tritt für eine rasche Reform des heimischen Bildungswesens ein. Sein Wunsch: gleich ein ganz neues Schulgesetz, das nicht nur den Schulen höhere Autonomie zusichert (Stichwörter: Schulbudget und Personalhoheit), sondern in dem gleich die gesamten Lehrpläne abgeschafft werden sollen. Als Ziel nennt er einen individuellen Lehrplan für jeden einzelnen Schüler.
Und auch die Schüler melden sich zu Wort: "Wir wollen endlich weniger Verwaltung und weniger politischen Einfluss in den Schulen“, so Bundesschulsprecher Philipp Pinter.
Das fordern die Experten: Fünf-Punkte-Katalog für Schulen
Schulexperten sind sich einig: Es muss endlich rasch eine Veränderung unseres Schulsystems her. Auch bei den wichtigsten Forderungen sind sich die Experten einig.
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Ganztagsbetreuung: Sowohl Niki Glattauer, als auch Andreas Salcher wollen eine ganztägige Schüler-Betreuung an allen Schulen mit entsprechenden Arbeitsbedingungen für alle Lehrer.
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Karriere: Gefordert werden auch eine einheitliche Ausbildung an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten und höhere Einstiegsgehälter für Junglehrer.
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Kompetenzen: Eine zentrale Forderung ist auch die Ausstattung der Schulen mit mehr Autonomie, sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch, was die Personalhoheit der Direktoren anbelangt: Sie sollen Lehrer aussuchen, diese aber auch "feuern“ dürfen. Direktoren sollten nach ihrer Kompetenz, und nicht nach Parteibuch ausgewählt werden, so Salcher.
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Schulversuch: Glattauer tritt für den Stopp des Schulversuchs Neue Mittelschule ein – einer gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen, in der das individuelle Fördern im Zentrum steht. Stattdessen soll die Neue Mittelschule flächendeckend eingeführt werden.
- Aus für Lehrpläne: Salcher geht noch einen Schritt weiter und fordert die Abschaffung aller Lehrpläne. Stattdessen ist er für die Einführung individueller Lehrpläne mit individueller Lernziel-Vereinbarung, nach dem Vorbild der Sir-Karl-Popper-Schule.