René Benko sitzt seit Monaten in Untersuchungshaft. Nun stellt sich die Frage, wie lange die Justiz den einstigen Immobilienstar tatsächlich festhalten darf. Aufschluss darüber gab Wirtschaftsstrafrechtsexperte Robert Kert in der ZiB2.
Im Signa-Komplex liegt nun die erste Anklage gegen René Benko vor. Obwohl der Gesamtschaden laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA ) rund 300 Millionen Euro betragen soll, geht es im ersten Verfahren vorerst nur um einen Betrag von 660.000 Euro. Betrügerische Krida lautet der Vorwurf.
Robert Kert, Vorstand des Instituts für Wirtschaftsstrafrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, erklärt im Interview mit Armin Wolf in der ZIB2, worum es dabei rechtlich geht. Wer Vermögenswerte vor einer Insolvenz verschwinden lasse oder verschweige, schade den Gläubigern und mache sich strafbar. Genau das wirft die WKStA Benko nun vor.
Erste Anklage in der Causa Signa
Gegenstand der Anklage sind zwei Zahlungen. Eine betrifft eine Vorauszahlung von 360.000 Euro für eine Villa auf der Innsbrucker Hungerburg. Diese Summe soll kurz vor der Insolvenz an eine Firma aus Benkos Umfeld überwiesen worden sein. Laut Medienberichten war das Haus zu diesem Zeitpunkt unbewohnbar. Zusätzlich soll Benko seiner Mutter 300.000 Euro geschenkt haben - ebenfalls kurz vor dem Zusammenbruch der Signa Holding.
"Wenn jetzt schon eine Anklage erhoben wird, dann muss das ein Sachverhalt sein, der relativ klar und eindeutig feststellbar ist", erklärt Kert. Die Ermittler hätten sich bewusst für einen Punkt entschieden, der leicht nachweisbar sei. "Man muss nur zeigen, dass diese Geldflüsse geflossen sind und dass es dazu keine entsprechenden Gegenleistungen gegeben hat", sagt der Jurist.
Fokus auf einfache Sachverhalte
Ein möglicher Prozessbeginn im September ist im Gespräch. Wie lange das Verfahren dauern könnte, ist offen. "Ich gehe davon aus, dass man das schon mit fünf bis zehn Verhandlungstagen auch hinbekommen könnte", schätzt Kert.
Aktuell untersucht die Staatsanwaltschaft zwölf verschiedene Sachverhaltskomplexe gegen Benko. Sie werden einzeln bearbeitet. "Solche komplexen Verfahren würden für die Ermittlungen jahrelang dauern", sagt Kert. Das schade dem Vertrauen in die Justiz. Klare und voneinander abgrenzbare Teile könnten schneller abgeschlossen werden. "Was einmal erledigt und abgeurteilt ist, da muss man nicht noch weiter ermitteln", erklärt er.
Ein weiterer Grund für das beschleunigte Vorgehen sei Benkos aktueller Haftstatus. "Da hat jetzt auch irgendetwas geschehen müssen, wenn man ihn nicht enthaften möchte", sagt Kert.
Wie lange darf Benko in Haft bleiben?
Die Untersuchungshaft ist zeitlich begrenzt. Bei Delikten, die mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind, liegt die Obergrenze bei zwei Jahren. "Allerdings länger als sechs Monate darf die Untersuchungshaft nur aufrechterhalten werden, wenn die Ermittlungen besonders kompliziert und umfangreich sind", erklärt Kert. Das könne man im Fall Signa durchaus annehmen. Dennoch bleibe die Frage, wie lange ein solcher Freiheitsentzug tatsächlich gerechtfertigt sei.
Im Fall eines Freispruchs im ersten Verfahren wäre eine Haftentlassung aus Sicht des Experten wahrscheinlich. "Dann wird man schon fragen können, ist das noch verhältnismäßig", sagt Kert.
Auch zur Verteidigungsstrategie Benkos äußert sich der Strafrechtler klar. "Der Umstand, dass er nicht geständig ist, darf auf keinen Fall als Erschwerungsgrund herangezogen werden", sagt er. Jeder Beschuldigte dürfe auf unschuldig plädieren. Eine alte Verurteilung, die mittlerweile getilgt wurde, dürfe ebenfalls nicht berücksichtigt werden. "Getilgt heißt, es gilt wieder, dass diese Verurteilung nicht vorhanden ist", erklärt Kert.
Ein Termin für den Prozessbeginn steht noch nicht fest. Die Anklage ist nicht rechtskräftig, Benko kann Einspruch erheben. Sicher ist aber: Die strafrechtliche Aufarbeitung des Signa-Desasters hat erst begonnen.