Vor Volksabstimmung über Todesstrafe

Streit um Erdogan-Referendum

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Kern, Kurz & Co. wollen Türken nicht über Todesstrafe abstimmen lassen. Ist Verbot möglich?

In absehbarer Zeit dürfte es so weit sein: Der türkische Präsident Recep Erdogan hat immer wieder eine Volksabstimmung über die Wiedereinführung der Todesstrafe angekündigt.

Ende der Woche haben sich jetzt, wie berichtet, die Spitzen der Koalition in seltener Einhelligkeit für ein Verbot des Referendums auf österreichischem Boden ausgesprochen. Sowohl Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) als auch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sind dafür.

Vier Parteien dafür. Damit zeichnet sich eine Vierparteien-Einigung über dieses Problem ab. Die Neos waren die Ersten, die ein Verbot gefordert hatten, auch die FPÖ spricht sich erwartungsgemäß dafür aus – gesetzt den Fall, es ist rechtlich möglich (siehe Interview).

Nur die Grünen zeigen sich skeptisch. Peter Pilz, ihr in diesen Fragen kompetentester Vertreter, glaubt nicht, dass ein Verbot der Volksabstimmung vor dem Völkerrecht halten wird. „Das kann gar keine Regierungsentscheidung sein, denn diese Frage muss von den Verfassungsdiensten beantwortet werden. Ich halte es für völkerrechtlich enorm gefährlich. Ausnahmsweise hätten Kurz und Kern hier besser schweigen sollen“, sagt er gegenüber ÖSTERREICH.

Pilz: "Kein Verbot, aber auch keine Werbung dafür"

Angst vor Blamage. Pilz’ Befürchtung: Die gerichtliche Aufhebung des Verbots wäre eine internationale Blamage für Österreich. Pilz: „Ich möchte nicht erleben, dass ein Gericht am Ende der Erdogan-Regierung recht gibt, und ihm erlaubt, das Referendum bei uns durchzuführen.

Sehr wohl ist Pilz dafür, öffentliche Veranstaltungen, auf denen Werbung für das Referendum gemacht wird oder bei denen Befürworter der Todesstrafe auftreten, strikt zu verbieten.

Pilz: „Hier strebe ich eine Allparteien-Regelung an.“

FPÖ-Chef Strache: "Rechtliche Möglichkeit eines Verbots prüfen..."

ÖSTERREICH: Sie sind dafür, die türkische Volksabstimmung über die Todesstrafe in Österreich zu verbieten?

Heinz-Christian Strache:
Natürlich. Aber erst müssen wir die rechtlichen Möglichkeiten prüfen, das zu unterbinden. Es ist ganz klar, dass die Todesstrafe ­eine rote Linie ist, die nicht überschritten werden darf. Aber es ist nur eine. Es gibt eine Reihe von Punkten, die eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU unmöglich machen. Und deshalb ist es notwendig, die Beitrittsverhandlungen endlich auch konsequent abzubrechen.

ÖSTERREICH:
Und wie mit Erdogan künftig umgehen?

Strache:
Ich halte Wirtschaftssanktionen für das einzig adäquate Mittel. Nur so ist Erdogan an den Verhandlungstisch zu zwingen. Putin hat’s ja vorgezeigt.

ÖSTERREICH:
Was machen Sie mit den Listen der Doppelstaatsbürger, die Ihnen zugespielt wurden?

Strache:
Sie werden von mir nächste Woche ans Innenministerium und die zuständigen Landesbehörden übergeben. Dann werden hoffentlich die im Gesetz vorgesehenen Konsequenzen gezogen, das heißt: Ex lege – Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft für Scheinstaatsbürger aus der Türkei. Ich habe aber den Eindruck, dass hier vieles zugedeckt wird, weil es eine große Vernetzung der Parteien mit den türkischen Vereinen gibt.

ÖSTERREICH:
Welcher der zuständigen Minister soll die Ausforschung der Doppelstaatsbürger koordinieren?

Strache:
Zuständig sind einmal die Landesbehörden. Aber natürlich fällt die Sache auch in die Kompetenzen von drei Ministerien. Und wenn das Verteidigungsministerium das Innenministerium in Kenntnis setzt, dass auffällig viele türkischstämmige Präsenzdiener eine Bestätigung verlangen, damit sie in der Türkei nicht noch einmal eingezogen werden, und das Innenministerium ignoriert diese Hinweise auf Scheinstaatsbürgerschaften nicht einmal, ist das ein Skandal. Und natürlich hätte man beim Referendum Planquadrate vor den Botschaften machen müssen. Auch der Außenminister ist gefordert. Er muss den türkischen Botschafter zu sich zitieren und auf die Herausgabe der Wählerevidenzlisten drängen. Das alles passiert nicht. Man hat den Eindruck, dass überhaupt kein Wollen vorhanden ist und dass man alles einschlafen lassen will.

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