Beschluss

Streumunition verboten - Konferenz tagt in Wien

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Österreich bekommt ein umfassendes Verbot für Streumunition. Das hat der Nationalrat Donnerstagabend einstimmig beschlossen.

Sowohl Herstellung als auch Beschaffung, Verkauf, Vermittlung, Ein-, Aus- und Durchfuhr, Gebrauch und Besitz werden untersagt. Die in Österreich noch vorhandenen Bestände sollen innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre vernichtet werden. Einzig zu Ausbildungszwecken im Bundesheer oder im Bereich des Entminungsdienstes und Entschärfungsdienstes darf Streumunition künftig verwendet werden.

Wenig Bedenken
In der Debatte stand das Verbot mehr oder weniger außer Diskussion. Bedenken gab es lediglich von FPÖ und BZÖ, nämlich weil neben der Streumunition auch "intelligente Munition" (Suchzünder-Munition) verboten werde, die eben die Verwundung Unbeteiligter verursache. Seitens der SPÖ wurde bezweifelt, ob es solch "intelligente Munition" überhaupt gebe, habe man doch früher über die Streumunition ähnliches gesagt. Stolz war man bei SPÖ und ÖVP, dass Österreich mit dem heutigen Verbot eine Vorreiterrolle einnehme, habe doch bisher lediglich Belgien die nämliche Maßnahme gesetzt.

Konferenz tagt
Die Regierungsvertreter und Delegierten von Nicht-Regierungsorganisationen tagen bei einer Konferenz noch in Wien und wollen bis Freitag die Grundzüge eines Abkommens erarbeiten, das bereits Ende 2008 beschlossen werden könnte.

"Ächtet Streumunition!"
In ihrer Eröffnungsrede vor der Konferenz kritisierte Außenministerin Ursula Plassnik die "massive Steigerung" der weltweiten Rüstungsausgaben. Die internationale Gemeinschaft sei in der Abrüstungsfrage gescheitert. Es sei nicht "tolerierbar", dass die Abrüstungsfrage aus der Top-Agenda der internationalen Gemeinschaft verschwunden sei. Für Österreich habe diese Frage stets Priorität gehabt, betonte Plassnik.

Streumunition lange nach Kriegsende gefährlich
Nicht explodierte Teile von Streubomben würden Gebiete lange nach Beendigung von bewaffneten Konflikten kontaminieren, sagte Plassnik. In Laos gebe es heute noch Opfer von Streumunition, die in den 60er Jahren abgeworfen worden sei. Seit 1999 seien Millionen von Streubomben im Kosovo, in Afghanistan und im Irak verschossen worden. Der Libanon sei das jüngste Beispiel, das daran erinnere, dass Streumunition "ein Problem unserer Zeit" sei.

Bei Streumunition handelt es sich um Granaten oder Bomben, die aus zum Teil Hunderten separater Sprengkörper bestehen, die sich vor dem Aufprall über eine große Fläche verteilen. Wegen der hohen Fehlerquote von zehn Prozent fordern sie besonders viele Opfer unter der Zivilbevölkerung. In jüngster Zeit wurde solche Munition vor allem von Israel im Libanon und den USA im Irak eingesetzt.

Österreich verzichtet auf Streumunition
Im Mittelpunkt der Konferenz stehen eine rechtlich verbindliche Definition von Streumunition, die Frage der Unterstützung von Opfern, die Räumung verseuchter Gebiete sowie die Zerstörung von Lagerbeständen. In 70 Staaten sei Streumunition noch gelagert, berichtete Plassnik. Österreich will nach den Worten von Verteidigungsminister Norbert Darabos seinen Lagerbestand von über 10.000 Streubomben im Rahmen des Verbotsgesetzes, das der Nationalrat am Donnerstag beschließen wird, innerhalb von eineinhalb Jahren zerstören.

Betroffene berichten
Zwei Opfer von Streubomben appellierten vor der Presse an alle Staaten, sich dem Oslo-Prozess anzuschließen, der bis Ende 2008 ein weltweites Verbot von Streuminen erreichen will. Sladjan Vuckovic aus Serbien erzählte, er habe bei der Räumung von Streubomben seine beiden Arme und einen Teil seines Beines verloren. "Alle Arten von Streumunition, unabhängig von deren technischem Niveau, sind Mörder. Jeder kann Opfer werden." Umarbek Pulodov aus Tadschikistan erzählte, er sei mit sechs Jahren beim Spielen mit seinen Geschwistern von Streumunition getroffen worden.

Bianca Jagger setzt sich für Opfer ein
Die Menschenrechtsaktivistin Bianca Jagger gratulierte Österreich zu seinem Entschluss, ein Gesetz zum umfassenden Verbot von Streuminen zu verabschieden. "Ich hoffe, andere Staaten werden diesem Beispiel folgen." Sie gab zu bedenken, dass Streubomben auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in betroffenen Ländern behindern. Bianca Jagger machte sich für eine baldige Ächtung dieser Munition stark: "Es gibt einfach keinen Kollateralschaden. Es gibt nur unschuldige Opfer".

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