Peter Pilz hat am Mittwoch im Zusammenhang mit dem Mord an dem Tschetschenen Umar Israilov in Wien seine Kritik an Innenministerin Maria Fekter erneuert.
Die Ressortchefin habe in dem Fall mit "gezielter Desinformation, gezielter Diffamierung" agiert, so der Sicherheitssprecher der Grünen. Pilz präzisierte auch die von ihm behauptete Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB.
Akteneinsicht für Agenten
Unter dem Titel
"Terrorismusbekämpfung" seien nach dem Beginn des jüngsten
Tschetschenien-Krieges Residenten des FSB ins Ausland geschickt worden, so
Pilz. Sie sollten tschetschenische Flüchtlinge heimholen, die geflüchtete
Opposition der Kaukasus-Republik unter Beobachtung halten und auch Aktionen
setzen. Wien sei bis 2004 von den Residenten in Berlin und Köln mitbetreut
worden, ab Oktober 2005 bekam Österreich seinen eigenen FSB-Mann. Diesem sei
angeboten worden, im BVT ein Büro für ihn einzurichten, behauptete Pilz.
Außerdem habe der Agent Akteneinsicht zu tschetschenischen Flüchtlingen
erhalten.
Darüber hinaus baute der FSB-Mann laut dem Grünen Abgeordneten ein Netz von etwa 100 Vertrauenspersonen in der tschetschenischen Gemeinde in Österreich auf. Im BVT selbst sei im Referat für Terrorismusbekämpfung eine 20 Beamten-starke "SOKO Tschetschenen" eingerichtet worden. Dabei sei das Thema der tschetschenischen Flüchtlinge eine "Frage des Asylrechts", sagte Pilz. "Es gab in der ganzen Zeit keine Hinweise auf terroristische Aktivitäten von Tschetschenen in Österreich."
"Fekter als Innenministerin nicht tragbar"
Pilz
bezichtigte Fekter erneut der Lüge im Zusammenhang mit der Behauptung, es
habe kein Ersuchen von Israilov auf Personenschutz gegeben. Die Ministerin
habe den Flüchtling diffamiert, indem sie "einem gerade ermordeten
Kronzeugen eines internationalen Menschenrechtsverfahrens unterstellte, aus
einem Umfeld mafioser Strukturen zu kommen." Einen Tag später erscheine in
dem Wochenmagazin "News" eine Geschichte mit "Daten, die nur aus dem
EKIS-Computer stammen können", so Pilz. "Ich halte es für indiskutabel, dass
aus dem Fall Zogaj noch immer nichts gelernt worden ist." Diese
Informationen seien mehreren Redaktionen angeboten worden.
"Fekter ist als Innenministerin nicht tragbar", lautete Pilzs Konklusion. Der Grüne forderte eine parlamentarische Untersuchung der Causa. Er kündigte an, den Fall im Verfassungsschutz-Unterausschuss zur Sprache zu bringen und ihn auch im Innenausschuss selbst zu thematisieren. "Wenn es notwendig ist - und ich zweifle nicht daran - werden wir einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen."
Ministeriums-Sprecher wies Pilz-Vorwürfe zurück
Innenministeriums-Sprecher
Rudolf Gollia hat am Mittwoch die Vorwürfe des Grünen Sicherheitssprechers
zurückgewiesen."Wir haben schon mehrfach betont, dass ein Mitarbeiter des
russischen Inlandsgeheimdienstes FSB in Österreich war", sagte er. Während
dieses Aufenthalts über drei Monate habe es mehrere Gespräche mit
Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
(BVT) gegeben. Das sei ein "üblicher Prozess", sagte Gollia. Auch mit
Vertretern anderer Dienste gebe es Kontakte.
Dass es dabei die von Pilz behauptete Akteneinsicht über tschetschenische Flüchtlinge für den russischen Agenten gegeben habe, bestritt Gollia energisch. Der Informationsaustausch laufe über EU-bzw. bilaterale Verträge, personenbezogene Daten würden dabei nicht weitergegeben. Auch habe es kein BVT-Angebot über ein eigenes Büro im Bundesamt für den Agenten gegeben.
Pilz hatte auch kritisiert, dass im Fall Umar Israilov erneut Daten aus dem Ekis-Computer veröffentlicht worden seien. Gollia sagte dazu, dass sowohl Innenministerin Maria Fekter (V) als auch der Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft Gerhard Jarosch und Polizeipräsident Gerhard Pürstl bereits betont hätten, Informationslecks werde nachgegangen. Alle drei hätten eine lückenlose Aufklärung gefordert.