Wirbel um Wahlkampfauftritte

Türkei-Streit: SPÖ will über Sobotka-Vorschlag reden

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Doskozil: "Es gibt eine völkerrechtliche Komponente."

Die SPÖ ist bereit, über den Vorschlag von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Verhinderung türkischer Wahlkampfauftritte in Österreich zu diskutieren. Man müsse sich aber "genau anschauen", wie man das umsetzen könne, sagte Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ) am Dienstag vor dem Ministerrat. Die ÖVP konnte sich indes Seitenhiebe auf Kanzler Christian Kern (SPÖ) nicht verkneifen.

Klare Positionierung erforderlich

Angesichts der Menschenrechtseinschränkungen und der zunehmenden Polarisierung in der Türkei müsse man sich klar positionieren, dass man solche politischen Auftritte in Österreich nicht wolle, sagte Doskozil. Man werde den Vorschlag von Sobotka diskutieren und schauen, wie man dem rechtlich begegne - "es gibt eine völkerrechtliche Komponente". Dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Auftrittsverbote mit Verweis auf die freie Meinungsäußerung ablehne, kommentierte Doskozil damit, dass es sich dabei natürlich um ein "verfassungsrechtlich hohes Gut" handle. Aber "es ist wichtig, dass wir eine klare Linie verfolgen", betonte Doskozil.

Alle seien dafür, dass politische Konflikte aus dem Ausland nicht nach Österreich getragen werden dürfen, bekräftigte Sobotka seinen Plan. Deshalb sei es notwendig, in der aktuell geplanten Novelle des Versammlungsgesetzes einen Passus einzufügen, wonach die Bundesregierung auf Vorschlag des Innenministers und in Abstimmung mit dem Außenminister solche Veranstaltungen untersagen könne, wenn sie den Menschenrechten widerspreche. Das wäre "ein gutes Instrumentarium". Gefragt nach einem Einreiseverbot meinte Sobotka, die Journalisten sollten sich nicht immer an ein Detail "klammern".

Kritik an europäischer Lösung

Nach seiner Vorstellung könnte die Novelle in zwei bis drei Wochen in Begutachtung gehen und bis zum Sommer umgesetzt werden. Kritik, die Regelung könnte dem Völkerrecht widersprechen, wies Sobotka zurück: Wenn Menschen die Grundrechte aushebeln wollten, könne das in einer Demokratie nicht akzeptiert werden. Eine europäische Lösung, wie sie der Kanzler gefordert hatte, würde das Thema auf die lange Bank schieben, kritisierte Sobotka. Er erwarte nun Taten seitens der SPÖ. Von den Vorschlägen des Kanzlers sei er nicht informiert gewesen und "sie sind auch schwer nachvollziehbar".

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) vergaß ebenfalls nicht zu erwähnen, dass er erst letzte Woche von Kern in dieser Frage kritisiert worden sei. Über den Vorschlag seines Parteikollegen Sobotka zeigte er sich "froh". Er betonte, dass es eine "extreme Polarisierung" gebe und Konflikte etwa zwischen Türken und Kurden nicht nach Österreich "importiert" werden sollten. Er bekräftigte, dass das Thema nicht auf europäische Ebene "abgewälzt" werden soll, ebenso wenig wie auf die regionale Ebene. Es sollten nicht die Bürgermeister sein, die über dieses Thema entscheiden. Viel eher sollte es eine gesetzliche Regelung in Österreich geben. Auf Basis dieser könnten dann die Einzelfälle geprüft werden.

Pläne "pragmatisch und sinnvoll"

Auch Vizekanzler und ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner sprach sich als zweiten Schritt für eine gesetzliche Regelung aus. Zunächst sollte man - aus zeitlichen Gründen, weil das türkische Referendum, um das es eigentlich geht, in Kürze ansteht - prüfen, ob es bei einer Versammlung Sicherheitsbedenken gebe. Die Pläne von Innenminister Sobotka seien jedenfalls "pragmatisch und sinnvoll". Über ein Auftrittsverbot sollten auch seiner Meinung nach die Bundesregierung oder der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, nicht jedoch die Bürgermeister, entscheiden. Die Regelung sollte für gesamt Österreich gelten. Mit Einreiseverboten rechnet er nicht, schließlich gehe es zunächst um eine Beurteilung von Veranstaltungen.

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