Interview der Woche

Vranitzky: "Jetzt fehlt Mindestmaß an Selbstdisziplin in SPÖ"

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Franz Vranitzky im Interview über den öffentlichen Konflikt um die SP-Spitze und was er seiner Partei jetzt rät. Der Ex-Bundeskanzler der SPÖ spricht in ÖSTERREICH ein Machtwort für Einigkeit.

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Zustand der SPÖ, die auf offener Bühne streitet?

Franz Vranitzky: Zum einen gibt es mit Krieg, Teuerung und Klimawandel ein schwieriges politisches Umfeld. Zum anderen hat der burgen­ländische Landeshauptmann seit Monaten die Autorität und Souveränität der Parteivorsitzenden öffentlich in Frage gestellt. Das ist für die Partei neu, die Diskussionen früher intern führte. Jetzt fehlt dieses Mindestmaß an Disziplin.

ÖSTERREICH: Das schadet der SPÖ?

Vranitzky: Ja, natürlich schadet das alles der Partei. Und schlägt sich in den Umfragen nieder, wo die FPÖ mit ihrem rücksichtslosen Obmann Kickl bereits führt. Das sorgt jetzt für Spannungen in SPÖ und ÖVP. Die ÖVP flüchtet sich in fragwürdige Ausführungen ihres Obmannes, der von „Expertenhörigkeit“ redet. Was ist das für eine Regierung, die sich selbst als hörig bezeichnet? Und in der SPÖ führen einige – trotz Beteuerungen, das bis zu den Landtagswahlen nicht zu tun – unerfreuliche öffentliche Debatten, um sich vielleicht selbst zu profilieren.

ÖSTERREICH: Das Doskozil-Lager hat nie eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen.

Vranitzky: Wenn jemand sich mit der Kickl-FPÖ ins Bett legen will, wird er das erst einmal ­erklären müssen.
 

Vranitzky
© Wolfgang Wolak
× Vranitzky

Franz Vranitzky im Talk mit Isabelle Daniel

ÖSTERREICH: Was soll die SPÖ jetzt machen?

Vranitzky: Alle mit einer Verantwortung müssen jetzt – jenseits von Phrasologien – für eine Geschlossenheit sorgen und klar beantworten, für was die SPÖ steht, wenn sie sagen, dass nicht klar sei, wofür die SPÖ stehe. Man kann nicht immer im Redeschwall sagen, man wisse nicht, wofür die SPÖ stehe, ohne das zu beantworten.

ÖSTERREICH: Wird Rendi-Wagner bleiben können?

Vranitzky: Ich will mich jetzt nicht auf Prognosen einlassen. Es verursachen schon genügend Kollateralschäden für die Partei mit ihren Wortmeldungen, statt an das Gesamtwohl der SPÖ zu denken.

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