Öko-Partei steht vor finanziellem Desaster.
Nach dem Wahldebakel sind bei den Grünen die Grabenkämpfe eröffnet. Als erste haben sich Wiener Politiker aus der Deckung gewagt und Änderungen verlangt. Die Grünen stürzten bei der Nationalratswahl am Sonntag von 12,4 auf 3,7 Prozent ab und dürften damit aus dem Parlament fliegen. Für die Partei wäre das nicht nur politisch, sondern auch finanziell eine Katastrophe.
Das endgültige Ergebnis wird erst nach Auszählung aller Wahlkarten am Donnerstag feststehen. Sollten die Grünen nach 31 Jahren den Wiedereinzug ins Parlament verpassen, würden sie 8,9 Mio. Euro Fördergelder auf Bundesebene verlieren. Gleichzeitig müssten Millionenschulden aus dem Wahlkampf beglichen werden. Aber auch die Auflösung des Parlamentsklubs und die wohl notwendige drastische Verkleinerung der Parteizentrale würden Kosten in Millionenhöhe verursachen. Außerdem würden dutzende Mitarbeiter ihren Job verlieren. Die Kosten müssen und werden wohl die Landesparteien tragen.
In letzter Dekade Fehler
Die meisten Länder haben sich bereits solidarisch erklärt. Es gab aber auch erste Rufe nach einem Köpferollen. Der Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, der wichtigsten Hochburg der Wiener Grünen, Thomas Blimlinger, forderte den Rücktritt des Bundesvorstands. Seiner Ansicht nach sind die Ursachen für den Absturz nicht alleine in den Ereignissen der vergangenen Monate zu sehen, sondern auch auf langjährige Fehler der Bundespartei zurückzuführen. "Teile der Ursache sind nicht neu, sondern es sind auch in den letzten zehn, zwölf Jahren Fehler gemacht worden." Die Grünen seien "eine stinknormale Partei, die nichts Neues an sich hat". Auch der Wiener Landessprecher Joachim Kovacs plädierte für einen Neustart. "Dass es nicht so weitergehen kann, ist hoffentlich allen klar", sagte er am Montag im APA-Gespräch.
Abwartend zeigten sich die steirischen Grünen. Der Kärntner Rolf Holub appellierte für Zusammenhalt. "Es wird schwer genug sein, die Bundespartei wieder aufzubauen. Wir suchen Lösungen, keine Schuldigen." Die Tiroler Grünen verlangten nach einer "schonungslosen" Analyse. Am Ende des Prozesses soll dann darüber entschieden werden, ob bzw. welche Personalentscheidungen folgen sollen, sagte Geschäftsführer Thimo Fiesel. Helga Krismer, Landessprecherin der NÖ Grünen, meinte, es wäre "Personalkonsequenz genug", wenn es keine Abgeordneten der Grünen im Parlament mehr gebe. Es handle sich um eine "dramatische Situation".
Erste Köpfe könnten schon am Dienstag, im Bundesvorstand ausgetauscht werden. Diesem Gremium gehören u.a. Bundessprecherin Ingrid Felipe, Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik und Werner Kogler an. Am Freitag, wenn das Wahlergebnis inklusive Wahlkarten endgültig feststeht, trifft sich der Erweiterte Bundesvorstand.
Entscheidend werden für die Grünen die kommenden Landtagswahlen und damit die Frage sein, ob sie sich in den Landtagen halten können. 2018 stehen insgesamt vier am Programm: in Kärnten, Salzburg, Niederösterreich und Tirol.
Selbst verschuldet
Als selbst verschuldete "Tragödie" hat das grüne Urgestein Johannes Voggenhuber das Wahlergebnis der Grünen bezeichnet. Die Führungsriege der Öko-Partei habe sich seit Jahren "von Kritik abgeschottet und konnte die Warnsignale nicht wahrnehmen", so Voggenhuber. Die einzige Möglichkeit, wieder auf die Beine zu kommen, "ist eine Neugründung".
Für Voggenhuber ist der dramatische Absturz der Grünen "keine Laune der Bevölkerung" gewesen. Die Grünen hätten in den letzten Jahren einen "gewaltigen Anpassungsprozess" durchlaufen.
Oberösterreich: Bereit zu helfen
Bei den oberösterreichischen Grünen zeigt man sich zwar prinzipiell bereit, der Bundespartei finanziell zur Seite zu stehen, aber "so riesige finanzielle Mittel haben wir auch nicht", wie Landesgeschäftsführerin Gabriela Schönberger am Montag betonte. "Wir werden die Bundespartei nicht ersetzen können."
Der Rechenschaftsbericht 2015 weist zwar Einnahmen von 4,8 Mio. Euro aus, laut Schönberger sind darin aber auch Querfinanzierungen und mehrfach verbuchte Zahlungsströme enthalten. Die Parteienfinanzierung betrage lediglich 2,42 Mio. Euro, hinzu kämen jeweils 41.000 Euro an Mitglieds- und Solidaritätsbeiträgen der Abgeordneten.
Wie es nun mit den Parteifinanzen weitergeht, müsse man erst klären. "Aber das Grüne Projekt darf nicht sterben, das brauchen wir", so Schönberger. Zu personellen Fragen gab es am Montag noch keine Stellungnahme.