"Damoklesschwert"

Weiter Aufregung um vermeintliche EU-Pläne zur Wasser-Privatisierung

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Politische Lager von links bis rechts laufen Sturm gegen umstrittene EU-Konzessionsrichtlinie.

Die Aufregung um vermeintliche Pläne zur Wasser-Privatisierung hält weiter an. Gestern hat die umstrittene EU-Konzessionsrichtlinie, in der Kritiker einen Versuch zur Privatisierung der Wasserversorgung über die Hintertüre sehen, im EU-Parlament eine wichtige Hürde genommen. Heute taten alle politischen Lager - mit Ausnahme der ÖVP - sowie Arbeitnehmervertreter erneut ihren Unmut darüber kund.

Ex-EU-Kommissar Franz Fischler versuchte bereits, Ängste zu zerstreuen und betonte im "Ö1-Morgenjournal", es gehe in der Richtlinie nicht darum, Wasser zu privatisieren oder an irgendjemanden zu verscherbeln, sondern um Konzessionen. Für SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach ist Fischler ein "Verschleierer", denn die neue Konzessionsrichtlinie sei "tatsächlich eine große Gefahr für die kommunalen Dienstleistungen und für die Daseinsvorsorge". Er ortet einen neoliberalen Geist, der noch immer die Mehrheit in der EU-Kommission habe.

Die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ stoßen ins gleiche Horn. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht das "Damoklesschwert über unserer Wasserversorgung" schweben. Die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner sieht durch die EU-Richtlinie die Gefahr, dass Gemeinden nicht mehr frei entscheiden können, wie sie die öffentliche Wasserversorgung vor Ort organisieren. "Die Gemeinden hätten laut der Richtlinie zwar immer noch das Recht, die Wasserversorgung selbst zu übernehmen. Doch das können viele finanziell gar nicht stemmen", befürchtet sie. Dieser Meinung ist auch der EU-Abgeordnete Ewald Stadler (BZÖ): "Der rechtliche Zwang zur Wasserprivatisierung wurde zwar gestrichen, aber man darf den wirtschaftlichen Druck, unter dem viele Gemeinden stehen, nicht unterschätzen."

Nichts anderes als eine "Einstiegsdroge zur Privatisierung der Wasserversorgung" stellt die Richtlinie nach Meinung der KPÖ dar. Die Daseinsvorsorge müsse von Liberalisierung ausgenommen werden.

Das sehen auch die Arbeitnehmervertreter so. "Wichtige kommunale Aufgaben müssen in öffentlicher Hand bleiben. Deshalb darf das EU-Parlament der geplanten Konzessionsrichtlinie nicht zustimmen", so Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. AK und ÖGB wollen sich in einem Brief erneut an alle Abgeordneten des EU-Parlaments wenden, um noch einmal auf diese Bedenken hinzuweisen. Der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), Wolfgang Katzian, sieht noch nicht jede Hoffnung verloren: Die endgültige Entscheidung werde im März getroffen. "Dann haben die Abgeordneten die Möglichkeit, sich gegen die Umsetzung dieser Richtlinie auszusprechen."

Als großer Befürworter der Idee, Wasser als ökonomische Ware zu handeln, gilt der Verwaltungsratschef des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns Nestle und gebürtige Österreicher Peter Brabeck-Letmathe. Kernaussage des Managers ist, dass Wasser verschwendet wird, weil es nichts wert ist. Seiner Ansicht nach sollten 25 Liter Wasser pro Tag für jeden ein Menschenrecht sein, der Rest aber als Ware wie jeder andere Rohstoff gehandelt werden. Nestle ist übrigens der weltweite Marktführer bei abgefülltem Wasser.

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