Wien-Wahl

Türkische Liste schadet SPÖ

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Ein Antritt der türkischen Liste bei der Wien-Wahl würde der SPÖ schaden.

Sollte die geplante türkische Liste tatsächlich für die Wien-Wahl am 11. Oktober kandidieren, dürfte das vor allem der SPÖ schaden. Diesen Schluss ziehen zumindest Politberater Thomas Hofer und Meinungsforscher Peter Filzmaier am Freitag im Gespräch. Denn die Liste könnte nicht nur bisherige rote Wähler abziehen, sondern zudem der FPÖ in Sachen Themensetzung und Mobilisierung helfen.

Wählersegment
Grundsätzlich machen beide Experten zwei Gründe für den drohenden Stimmenverlust für die Sozialdemokraten aus. "Die Liste schadet der SPÖ ziemlich sicher, weil sie schon bei den vergangenen Wahlen auch dieses spezielle Wählersegment umworben hat", sagte Hofer. Folglich drohe hier eine "Zersplitterung im SPÖ-affinen Lager".

Ähnlich argumentiert Filzmaier: Gerade die Wiener SPÖ habe in der türkischen Community eine "gewisse Mobilisierungsstärke" und insofern "am meisten zu verlieren". Auf eine Einschätzung, wie viel Prozentpunkte der Antritt einer türkischen Liste kosten könnte, wollte sich der Meinungsforscher nicht einlassen. Außerdem: Sollte die Liste zwar antreten, den Einzug aber nicht schaffen, kämen die Stimmen aufgrund des mehrheitsfördernden Wahlrechts vorrangig der Bürgermeister-Partei zugute.

Rückenwind für Strache
Der zweite Dämpfer für die Roten droht gewissermaßen über den blauen Umweg. "Die Diskussion hilft Herrn Strache", ortet Hofer Rückenwind für den FPÖ-Chef: "Der kann sich hinstellen und sagen: Jetzt passiert genau das, wovor wir immer gewarnt haben." Die Freiheitlichen könnten auf dieser "emotionalen Klaviatur" hervorragend spielen. Filzmaier ortet ebenfalls Mobilisierungshilfe für die Blauen. Denn Kampf um Stimmen bedeute zum Gutteil Kampf um Themen und die FPÖ setze nun einmal auf das "sogenannte Ausländerthema", das hiermit wieder bedient werde.

Dass die Liste um den türkischstämmigen Arzt Turgay Taskiran, der in Simmering praktiziert, genügend Unterschriften sammeln kann, um es auf den landesweiten Stimmzettel zu schaffen, halten beide Experten für nicht unwahrscheinlich. Im Hinblick auf einen tatsächlichen Einzug ins Stadtparlament melden sie jedoch Zweifel an. Dieser sei insofern schwierig, als man sich als rein türkische Liste positioniere, so Hofer: "Das hat eine eingeschränkte Strahlkraft", mit der man u.a. schwer in anderen migrantischen Gruppen fischen könne.

Unter den Migranten mit türkischen Hintergrund gebe es wiederum knapp 50.000 Wahlberechtigte in Wien, wobei Hofer die nötige Stimmenanzahl für einen Einzug in den Landtag bzw. Gemeinderat - hier gibt es eine Fünf-Prozent-Hürde - auf etwa 40.000 schätzt: "Es müssten also fast alle hingehen und diese Liste wählen. Aber diese 100-Prozent-Geschichten gibt es fast nirgendwo."

Filzmaier attestiert einer auf die türkische Community zugeschnittenen Liste "unbestritten" Potenzial - "aber ob es diese Liste umsetzen kann, wissen wir alle nicht". Was eher dagegen spricht: Neben der eher enggesteckten Positionierung stelle sich die Frage, ob die Gruppe über ausreichende Strukturen - von Organisation bis Kommunikation - verfüge, um ihre Möglichkeiten einigermaßen ausschöpfen zu können.
 

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