Rendi-Wagner im Parlament

Wirbel um Sager

Wirbel um Rendi: Kurz mit Regierungschefs der NS-Zeit verglichen

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 "Hätten alle Regierungschefs 1939 so gedacht wie Sie heute, hätten Sie diese Gespräche vor zwei Jahren in Tel Aviv nicht mehr führen können.", so Rendi-Wagner an Kurz.

Wien. Der Umgang mit auf der griechischen Insel Lesbos gestrandeten Flüchtlingen und die Haltung Österreichs in Asyl- und Migrationsfragen generell war am Mittwoch erneut Thema im Nationalrat. Die NEOS, die in der Aktuellen Europastunde zur Rettung der Kinder aufriefen, konnten sich nicht nur der Unterstützung der SPÖ, sondern auch der Grünen sicher sein. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte sein Nein, sekundiert von der FPÖ.
 
Wirbel um Rendi: Kurz mit Regierungschefs der NS-Zeit verglichen
© APA/ROBERT JAEGER
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NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich nicht nur von den Zuständen im abgebrannten Lager Moria geschockt, sondern auch von der Haltung des Bundeskanzlers. Kurz verwende die Menschen auf Lesbos "quasi als menschliche Schutzschilder" und als Abschreckungsszenario, damit sich nicht andere auf den Weg nach Europa machten. Untragbar sei auch, dass er eine europäische Flüchtlingspolitik blockiere. Sie forderte eine Politik der Mitte, die Menschlichkeit und Empathie in den Vordergrund stelle.
 

Rendi: Vergleich mit Holocaust

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SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner attestierte Kurz Überheblichkeit und Arroganz. Nicht nur die NEOS und die SPÖ, auch Hunderte ÖVP-Bürgermeister wären zur Aufnahme der Kinder aus Moria bereit. "Kinder zu retten ist niemals Symbolpolitik", betonte sie. Rendi-Wagner erinnerte Kurz an seine Gespräche mit Holocaust-Überlebenden in Israel. "Herr Bundeskanzler, ich kann mich erinnern: Vor zwei Jahren haben Sie berichtet von einem Besuch in Israel, Sie haben damals sehr berührende Gespräche geschildert mit Überlebenden des Holocausts. Es sind Österreicherinnen und Österreicher, heute 90 Jahre alt. Man kann die Situation in Moria mit dem Holocaust nicht vergleichen – nichts ist vergleichbar! – aber wissen Sie, wie alt diese Überlebenden 1939 waren? Sie waren Kinder und Jugendliche. Und damals wie heute gilt: Auch diese seien zur Zeit ihrer Flucht Kinder und Jugendliche gewesen", so Rendi. "Hätten alle Regierungschefs 1939 so gedacht wie Sie heute, hätten Sie diese Gespräche vor zwei Jahren in Tel Aviv nicht mehr führen können. Sie haben damals Verantwortung versprochen für Gegenwart und Zukunft. Herr Bundeskanzler die Gegenwart heißt Moria. Halten Sie Ihre Versprechen!", sagte die SPÖ-Chefin in Richtung Kanzler.
 
Beim grünen Koalitionspartner stieß die ablehnende Haltung der ÖVP ebenfalls auf Widerspruch. "Wir haben einen Dissens in der Koalition, wie wir mit Moria umgehen. Wir sind als Grüne eindeutig dafür, dass wir Menschen aufnehmen", sagte Europasprecher Michel Reimon. "Ob man Kinder rettet oder nicht, das ist eine Grundsatzfrage. Das ist nicht beides moralisch, charakterlich gleichwertig." fügt er an. Vielleicht gebe es einen Ausweg auf europäischer Ebene, denn es müsse legale Wege nach Europa geben, meinte er.
 
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Kurz hielt seinen Kritikern vor, in dieser Frage keinen sachlichen und respektvollen Umgang miteinander zu üben. Das "ständige Arbeiten mit Emotionen ohne Fakten" und das Schubladisieren in gut und böse leiste keinen positiven Beitrag für die Debattenkultur. Inhaltlich blieb er hart: "Die richtige Art ist meiner Ansicht nach die Hilfe vor Ort", und Österreich tue keineswegs zu wenig. In der EU sei Österreich am drittmeisten belastet und habe in den vergangenen fünf Jahren über 200.000 Menschen aufgenommen. Er unterstütze sehr wohl einen europäischen Weg, aber "in diesem Leben sicher nicht" eine Lösung, der Menschen anlocke, Schlepper fördere und dafür sorge, dass unzählige Menschen im Meer ertrinken, so Kurz.
 
Die FPÖ unterstützte dies freudig, wenn sie auch der ÖVP ihre Härte nicht abnahm. Europamandatar Georg Mayer wertete die Vorschläge von NEOS und SPÖ als "absichtlich naiv und rechtswidrig". Dass Österreich Platz für die Flüchtlingsaufnahme habe, behaupteten höchstens "ein paar grüne Hanseln". FP-Generalsekretär Michael Schnedlitz legte noch nach und wandte sich gegen Hilfe vor Ort: "Solange es in Österreich auch nur noch ein einziges armutsgefährdetes Kind gibt, dürfen wir keinen Cent Steuergeld ins Ausland schicken und brauchen auch keine Zuwanderung."
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