Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Spät aber doch hat Kanzler Sebastian Kurz gestern die Erleuchtung bekommen, endlich einen Schritt auf die Opposition zuzugehen.
Nachdem der Kanzler erst mit aller Entschlossenheit seinen ÖVP-Finanzminister zum Vizekanzler, seine persönlichen Favoriten zu Ersatz-Ministern und auch noch seine wichtigsten Kanzleramts-Mitarbeiter zu Kabinettschefs der neuen Minister gemacht hat…
... produzierte Kurz gestern einen Salto rückwärts und lud die Klubobleute der Parlamentsparteien sogar ein, künftig an allen Ministerrats-Sitzungen teilzunehmen.
Diese Form der Kooperation hätte man sich von Regierung und Opposition von Beginn der Regierungs-Krise an erwartet. Welcher Stein wäre dem Kanzler aus der Krone gefallen, wenn er etwa Irmgard Griss von den Neos zur Innenministerin, Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zum Verwalter des Sozialministeriums und einen FPÖ-nahen Unternehmer zum Verkehrsminister (in Kooperation mit dem bisher fehlerlosen Norbert Hofer) gemacht hätte? Warum muss unsere Politik immer so feindselig, pubertär und rachsüchtig ablaufen, bis sich die Bürger mit Grausen abwenden?
Man kann nur hoffen, dass der Kanzler sein Kooperations-Angebot ernst meint und die Opposition das Wohl des Staates am Montag beim Misstrauens-Votum über ihre parteipolitischen Tricksereien stellt.
Die Abberufung der neuen Regierung wäre ein Katastrophe. Österreich wäre weltweit nur noch Gespött als Operetten-Staat. Und eine „Experten-Verwaltung“ würde das Land auf sechs Monate und länger lahmlegen.
Die „Garantie“ des Kanzlers an die Opposition, dass diese Regierung vier Monate „keine neuen Gesetzes-Initiativen“, keine „politischen Entscheidungen“ und „keine neuen Investitionen“ mehr trifft, ist schlimm genug. Damit ist jede Dynamik in unserem Land gekillt. Wir sind ab sofort leider nur noch eine Republik des Stillstands.