Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Hat es je einen Kanzler mit so einer Überdosis Glück im ersten Amtsjahr gegeben wie „Basti Fantasti“ Sebastian Kurz?
In der Regierung frisst ihm die Bestie FPÖ wie ein Schoßkatzerl aus der Hand, füllen ihm Wachstum und Job-Rekord die Budget-Kassa, sind schon 60 % der Österreicher „zufrieden“ …
Und jetzt löst sich zur Freude des Kanzlers auch noch die ganze Opposition auf: Pilz – ein Fall fürs Kabarett. Die Neos – von Strolz verlassen. Und jetzt sprengt Christian Kern auch noch die SPÖ.
Kein Mensch weiß, welcher Teufel den SPÖ-Chef geritten hat, den absurdesten Salto mortale der Innenpolitik hinzuzaubern.
Zuerst sofortiger Rücktritt als SP-Chef, dann verzögerter Rücktritt, dann EU-Kandidat. Chaotischer hat noch kein Politiker seine Kandidatur angesagt – der Wähler bleibt sprachlos zurück.
Zurück bleibt vor allem auch eine völlig demolierte Partei. Die SPÖ hat vor gut zwei Jahren ihren zwar zunehmend kraftlosen, aber stabilen Kanzler Faymann weggeputscht und sich wie eine Psycho-Sekte einem ÖBB-Guru anvertraut.
Der Guru verspielte zuerst einen Mega-Vorsprung in den Umfragen, dann den Kanzler, zuletzt die gesamte Partei, weil er als Quereinsteiger zu unerfahren, zu wenig teamfähig, wohl auch zu nobel war.
Jetzt erinnert die rote Sekte in ihrer Hilflosigkeit fast schon an das Team Stronach ohne Frääänk.
Und Kern versteht die Welt nicht mehr. Denn mit seiner EU-Kandidatur will er die SPÖ ja in eine neue Ära und auf die Gewinnerstraße führen. Die Frage ist nur: Welche SPÖ? Gibt’s die noch?
Zuerst einmal glaube ich – und wette vermutlich als Einziger gegen 6 Millionen Österreicher – dass Christian Kern die EU-Wahl 2019 gewinnen kann.
Diese Wahl wird eine wirklich emotionale „Wahl-Schlacht“ werden. Einerseits bringt sie für die SPÖ die Chance, mit der „sozialen Kälte“ dieser Regierung abzurechnen – und Frauen und Kleinverdiener zu gewinnen.
Andererseits wird es ein Wahlkampf gegen die nationale Rechte Europas, die bei uns durch FPÖ und ihren besonderen Sympathieträger Vilimsky vertreten wird.
In einem Match Christian Kern gegen Vilimsky und den blassen „EU-Apparatschik“ Othmar Karas wäre Ex-Kanzler Kern nach wie vor ein Superstar. Vorausgesetzt, er besinnt sich auf seine Marketing-Talente als ÖBB-Chef, leistet sich endlich ein Team, das nicht nur aus Spinnern und Kriminellen à la Silberstein besteht, und startet so rasch wie möglich einen bürgernahen Wahlkampf.
Für einen Sieg bei der EU-Wahl braucht Kern aber eine funktionierende Partei – und davon ist nichts zu sehen. Wenn schon am ersten Tag alle Kandidaten absagen, heißt das so viel wie: Diese Partei ist bankrott – und keiner will endgültiger Totengräber sein.
Also wird die Partei ihre(n) künftige(n) Chef(in) beknien müssen:
- Doris Bures ist nach wie vor ein ganz heißer Tipp. Erstens weil sie die ideale Gegen-Figur zu Kurz wäre. Eine Frau, sozial engagiert, bürgernah, in der Partei mit allen bestens, vor allem eine Super-Wahlkämpferin. Wenn alle brav „bitte, bitte“ sagen, wird sie letztlich zusagen.
- Pamela Rendi-Wagner wäre ähnlich ideal: modern, sozial, sympathisch. Leider hat sie keine Ahnung von der Partei. Deshalb überlegt das Kern-Lager eine spannende Variante: Man könnte ihr Josef Ostermayer, Faymanns engsten Partner, als Co-Parteichef zur Seite stellen – eine spannende Doppelspitze.
- Von allen neuen Kandidaten wäre Peter Hanke, der neue, exzellente Wiener Finanzstadtrat, der beste Kandidat – weil die Wiener SPÖ so oder so das Kommando übernehmen wird.
- Letzte und wahrscheinlichste Variante: Will keiner, wird es wohl der Kärntner Landes-Kaiser Peter Kaiser machen müssen. Er ist seit letztem Jahr ein echter „Wahl-Winner“ – er kann die SPÖ wieder bürgernah, sozial, aber auch modern machen.
- Die originellste Idee verbreitete sich gestern im Internet und wäre nicht so absurd, wie sie klingt: Holt Werner zurück! Faymann könnte rehabilitiert werden. Sollte Kurz eines Tages samt Strache ins Straucheln kommen, könnte die traditionelle Sehnsucht der Österreicher nach der „guten alten Zeit“ Faymann zurück ins Kanzleramt holen. Aber das ist – noch – Spinnerei …