Das sagt Österreich

Willkommen im Kongo: Jetzt sind wir blamiert !

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ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner kommentiert das Neuwahl-Urteil.

Willkommen im Kongo! Jetzt haben wir es vom Verfassungsgerichtshof schriftlich: Wir sind eine Bananenrepublik – vermutlich das einzige Land jenseits von Afrika und Kasachstan, das unfähig ist, Wahlen richtig auszuzählen. Und das einzige Land neben Haiti, das eine Präsidenten-Wahl wiederholen muss.

Der Verfassungs-Gerichtshof hat ein Brutal-Urteil gefällt: Die Wiederholung der beim ersten Mal schon viel zu aggressiven Präsidenten-Stichwahl ist das Letzte, was dieses Land braucht. Dieser Unsinn kostet uns nicht nur 20 Millionen Steuergeld, sondern bringt eine drei Monate lange Schlammschlacht zwischen Blau und Grün, die schon beim ersten Mal unser Land gespalten hat – und allen auf die Nerven gegangen ist.

Das Urteil der Verfassungsrichter ist trotzdem richtig – und zu respektieren. Das Verfahren vor dem Höchstgericht hat ein Sittenbild unserer Bananenrepublik enthüllt. Wir haben öffentlich mithören dürfen, wie die Wahlkommissionen zwischen Neusiedl und Bludenz arbeiten – nämlich inferior. Ausgezählt wird – zwischen Bier und Würstl – ohne Kontrolle, schlampig, juristisch falsch.

Verstärkt wurde das Chaos bei der jüngsten Wahl-Auszählung durch die – im Sinne wirklich seriöser Kontrolle – absurde Inflation an Briefwahlstimmen. Jeder Scherzbold kann sich heute eine Wahlkarte ausstellen lassen, mit der dann jeder Manipulation Tür und Tor geöffnet ist. Allein die Auszählung der Wahlkarten ist mittlerweile so mühsam, dass jeder Wahlhelfer, der einem Beruf nachgeht, überfordert ist.

Völlig zu Recht hat die Mehrheit der Österreicher das Vertrauen in ihre Institutionen verloren. Vom Rechnungshof bis zum ORF werden die wichtigsten Kontroll-Posten dieser Republik auf mieseste Art und Weise ausgepackelt – jetzt kann man sich nicht einmal mehr darauf verlassen, dass die Wahlkommissionen eine Präsidentenwahl (!) richtig auszählen.

Und zu Recht verlieren immer mehr Österreicher auch die Hoffnung in die Zukunft dieser Republik. Wir haben eine Regierung, die nicht mehr funktioniert; einen Kanzler, der nie gewählt wurde; Minister, die ausgetauscht werden wie Blumenvasen – ab sofort hat dieses Land nicht einmal mehr einen Präsidenten, sondern wird von einem „Not-Präsidium“ regiert, in dem – skandalöserweise – der Verlierer (!) der letzten Wahl sitzt.

Unser Land fährt – das müssen selbst notorische Optimisten wie ich langsam zugeben – mit Vollgas gegen die Wand. So kann es nicht mehr weitergehen. Weit und breit kein Aufschwung in Sicht. Alle Reformen stocken. Und international werden wir spätestens mit dieser Wahl-Pleite zum Gespött.

Der Frust der Wähler steigt immer mehr – es ist zu befürchten, dass er sich bei der Wahl mit ­aller Wucht entladen wird.

Die FPÖ müsste eigentlich für den Unfug dieser Wahl-Wiederholung eine kräftige Wähler-Watsche erhalten. Gar so einfach ist die Analyse aber nicht: Denn es ist das Recht jeder Partei, nach einer verlorenen Wahl Fehler aufzuzeigen. Und wenn ein Höchstgericht diese Fehler bestätigt, hat diese Partei mit ihrer Anfechtung recht gehabt. Der FPÖ ist also kein Vorwurf zu machen. Spannend wird die Frage, wer von der Wiederholung profitieren wird: Bekommt Hofer eine Watsche, weil die Wähler schlechte Verlierer und Wahl-Verursacher abstrafen? Oder gibt es einen Hofer-Sieg, weil der Frust über die Unfähigkeit von Regierung und Staat so groß wird, dass es zu einem Erdrutsch für die FPÖ kommt.

Jetzt geht der Schmutz-Wahlkampf der letzten Stichwahl also von Neuem los. Drei Monate werden Emotionen hoch­kochen, wird Blau gegen Grün und Grün gegen Blau hetzen. In Wahrheit will das keiner.

Nach diesem Debakel einer Präsidenten-Wahl muss die Frage erlaubt sein, ob wir einen so extrem polarisierenden Bundespräsidenten-Wahlkampf für diesen Repräsentations-Posten in Zukunft überhaupt noch wollen. Wäre es nicht sinnvoller, wenn das Nationalrats-Präsidium, das den Job über den Sommer wohl problemlos ausüben wird, die Aufgaben des Bundespräsidenten ganz übernimmt?

Das würde Geld, Nerven und weitere Blamagen sparen – ganz abgesehen davon, dass die erste Pressekonferenz gestern gezeigt hat, dass Doris Bures ohnehin die deutlich attraktivere Präsidentin wäre als der verlegen neben ihr stehende Wahlwiederholer.

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