Nach Zitterpartie bei Getafe meinte Goalie Kahn: "Haben so international nichts verloren".
In einem unglaublichen Spiel hat der FC Bayern München mit schier unvorstellbarem Glück den Einzug ins Halbfinale des Fußball-UEFA-Cups geschafft. Selbst Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge nahm nach dem 3:3 nach Verlängerung gegen Getafe am Donnerstagabend höchstpersönlich das von ihm sonst verschmähte Wort von den "Dusel-Bayern" in den Mund, Torhüter Oliver Kahn dankte nach dem verrücktesten Spiel seines Lebens höheren Mächten.
Dank an den lieben Gott
"Der Liebe Gott wollte es letztlich
nicht, dass wir hier ausscheiden. Mehr kann man dazu nicht sagen", erklärte
der Kapitän des deutschen Rekordmeisters nach dem Remis gegen den Madrider
Vorortclub, das nach dem 1:1 im Hinspiel zum Aufstieg reichte. Im
Glücksrausch stellte Kahn die Partie über alle davor, selbst über das
legendäre 1:2 im Champions-League-Finale 1999 gegen Manchester United: "Wir
werden uns in zehn Jahren nicht über Barcelona unterhalten, sondern über
Getafe".
Wahnsinnig schlecht spielten die Bayern, wahnsinnig gut Getafe - und das vor den Augen des spanischen Königs Juan Carlos und nach einem Platzverweis für Ruben de la Red in der 6. Minute. "Das war eher Doping für den Gegner", meinte Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld zu Getafes Kraftakt mit zehn Mann.
Bayern im Glück
16.000 Zuschauer verwandelten das "Coliseum
Alfonso Perez" nach dem Doppelschlag durch Casquero (91.) und Braulio (93.)
zum Start in die Verlängerung in ein Tollhaus, am Ende aber feierten die
Bayern mit ihren rund 1.000 mitgereisten Fans. "Ich habe keinen Pfifferling
mehr auf unsere Mannschaft gesetzt", meinte Rummenigge und Kahn gestand:
"So, wie wir gespielt haben, hat man international - das muss man fast so
krass sagen - nichts verloren".
Ribery und Toni top
Gleich zweimal zogen die Bayern aber den Kopf
aus der Schlinge. Erst glich Ribery (89.) kurz vor Ende der regulären
Spielzeit das 1:0 von Contra (44.) aus, dann war Luca Toni gleich zweimal
zur Stelle: Als Abstauber nach einem Anfängerfehler von Getafe-Keeper
Abbondanzieri (115.) und im letzten Sekunde per Kopf (120.), als auch Kahn
mit nach vorne gestürmt war. "Toni gibt nie auf und ist ein absoluter
Winner-Typ", lobte Hitzfeld.
Es waren die UEFA-Cup-Tore neun und zehn des Weltmeisters, der allerdings im Halbfinal-Hinspiel gegen Zenit St. Petersburg am 24. April in München nach der fünften Gelben Karte gesperrt sein wird. Während die Bayern das Glück gepachtet schienen, stand für Ligakonkurrent Bayer Leverkusen trotz eines 1:0-Erfolges in Russland das "Wunder an der Newa" außer Reichweite. Zenit begnügte sich damit, den 4:1-Vorsprung aus dem Hinspiel zu verwalten.
Getafe am Boden zerstört
Im Lager von Getafe war der
Katzenjammer nach einer "unendlichen Grausamkeit" ("As") groß. "Es ist
schwer, uns jetzt aufzurichten. Aber das Leben geht weiter und in ein paar
Tagen wird die Mannschaft realisieren, dass sie etwas Großes vollbracht
hat", meinte der dänische Trainer Michael Laudrup.
Zweites Halbfinale
In der zweiten Partie um das Ticket für das
Finale in Manchester am 14. Mai stehen sich nach unerwartet souveränen
Erfolgen in der Ferne die Glasgow Rangers und Fiorentina gegenüber. Die
Schotten, die am 24. April im Ibrow-Park zunächst Heimvorteil genießen,
erwiesen sich beim 2:0 gegen Sporting in Lissabon abgebrüht. "Ich bin stolz,
wie das Team dem Druck stand gehalten hat", meinte Manager Walter Smith, der
nach dem Gewinn des schottischen Liga-Cups mit Meistertitel, schottischem
FA-Cup und UEFA-Cup in dieser Saison insgesamt vier Trophäen einheimsen
könnte.
Dem verdienten Aufstieg gegen PSV Eindhoven verdankte die Fiorentina Stürmer Adrian Mutu, der beim 2:0 ein Doppelpack erzielte. "Wir sind stolz darauf, der letzte verbliebene italienische Club in europäischen Bewerben zu sein. Jetzt wollen wir auch den Titel", meinte der rumänische Torjäger.