Interview

Adriaanse: "Janko-Entscheidung war richtig"

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Im großen Interview spricht Bullen-Dompteur Co Adriaanse über Starstürmer Janko und wer im Frühjahr der Hauptkonkurrent sein wird.

Wie zufrieden waren sie mit der Vorbereitung?
Adriaanse: "Die Vorbereitung war nicht optimal, weil wir in beiden Trainingslagern zu viele verletzte Spieler hatten. Meine Absicht war, dass möglichst alle Spieler die sechs Wochen Vorbereitung mitmachen können, um die Gruppe noch besser zu machen. Ich hatte auch Tage mit nur zehn oder zwölf Spielern. Daher konnte ich taktisch nicht so viel machen."

Könnte das im Auftaktspiel gegen Rapid ein Nachteil sein?
Adriaanse: "Das weiß man nicht. Dänemark hat sich gar nicht vorbereitet auf die EM 1992 und hat sie dann gewonnen."

Warum hat Salzburg nur vier Vorbereitungsspiele absolviert?
Adriaanse: "Das war meine Absicht, weil, wenn man viel spielen muss, kann man auch nicht ausreichend trainieren. Im Training kann ich taktisch besser trainieren als in einem Spiel, weil ich laufend unterbrechen und korrigieren kann."

Gegen Partizan Belgrad und Dinamo Zagreb offenbarten sich erschreckende Defensivschwächen. Bereitet ihnen das Kopfzerbrechen?
Adriaanse: "Ich kann mit dieser Mannschaft sehr einfach 0:0 spielen. Wenn Janko nur auf der Mittellinie spielt und nie in den Strafraum kommt, kann er kein Tor schießen. Das haben wir bei der Nationalmannschaft gegen Schweden gesehen. Mein System ist aber sehr auf Angriff ausgerichtet. Wir sind jedoch am Ball noch zu unruhig und haben unnötige Ballverluste. Deshalb sind wir konteranfällig. Aber so lange wir gewinnen, sehe ich dabei kein Problem. Ich habe diese Philosophie und deswegen bin ich auch von Mateschitz und Hochhauser geholt worden."

In der Winterpause mussten fünf Spieler den Verein verlassen, darunter auch die hoffnungsvollen Nationalspieler Pamic und Traoui. Warum?
Adriaanse: "Mit 28 Spielern war der Kader zu groß, um optimal arbeiten zu können. Wir haben bei den abgegebenen Spielern gezielt auf die Positionen geachtet. Pamic und Traoui konnten sich bisher nicht durchsetzen. Sie müssen aber spielen, um sich entwickeln zu können. Deshalb haben wir sie auch nur verliehen."

Wie beurteilen sie den neuen Torhüter Eddy Gustafsson?
Adriaanse: "Wenn man Meister werden will, braucht man zwei erfahrene Tormänner. Eddy ist dritter Tormann von Schweden. Er ist sehr stark bei Flanken und beim Herauslaufen und kann das Spiel schnell machen. Es war ein großes Problem, einen Torhüter mit dieser Qualität zu finden. Das haben Hochhauser und Linke sehr gut gemacht. Ich habe ihn gar nicht gekannt. Zudem war er auch ablösefrei."

Kann Andreas Ulmer das Problem auf der linken Abwehrseite lösen?
Adriaanse: "Er ist kein typischer Verteidiger. Er ist mehr ein offensiver Spieler, der im Aufbau und Angriff sehr gut ist. Er ist laufstark, hat eine präzise Flanke und ein gutes Passspiel. Aber auch Ronnie Gercaliu hat sich zuletzt gut verbessert. Er weiß natürlich, sein Vertrag läuft aus, er will weiterkommen. Mit Andy hat er einen zusätzlichen Konkurrenten und das hat ihn gut motiviert."

Sie gelten ja seit ihrer Zeit bei Ajax Amsterdam, wo sie viele Spieler geformt haben, als Entwicklungstrainer.
Adriaanse: "Das ist die erste Aufgabe eines Trainers. Nicht die Fans sind die wichtigsten Kunden eines Trainers, sondern die Spieler. Diese besser zu machen, das ist meine wichtigste Aufgabe. Daran arbeite ich jeden Tag. Ich muss aus Ulmer noch einen besseren Spieler formen. Einen Kovac oder Zickler kann ich nicht mehr verbessern. Die zweite Aufgabe ist, eine Mannschaft zu formen, die nach meiner Philosophie spielt."

War die Entscheidung von Marc Janko, in Salzburg zu bleiben, richtig?
Adriaanse: "Ja. In der Mitte einer Saison wegzugehen ist sowieso schwierig. Sich anzupassen am Anfang einer Saison ist viel einfacher. Er passt jetzt hundertprozentig in diese Mannschaft. Er kann sich vielleicht noch weiterentwickeln. Und, wenn er seine Leistung fortsetzt, dann kann er im Sommer oder nächstes Jahr weggehen."

Janko hatte im Herbst einen unglaublichen Lauf. Kann er den im Frühjahr fortsetzen?
Adriaanse: "Ich habe noch nie einen Spieler mit so einer Trefferquote gehabt. Eine Fortsetzung ist schwierig. Dann müsste er um die 50 Tore schießen und das ist unmöglich. Aber diesen Rekord von Krankl (41 Tore; Anm.) zu übertreffen muss möglich sein, wenn er verletzungsfrei bleibt und wieder seine Form findet. Aber das ist für einen Verteidiger einfacher als für einen Stürmer, der nur zwei, drei, vier Momente im Spiel bekommt und da muss er dann bereit sein."

Alex Zickler scheint wieder erstarkt zu sein.
Adriaanse: "Er hat unglaubliche Arbeit für die Mannschaft geleistet und deswegen konnte auch Marc so viele Tore schießen. Er hat jetzt eine andere Rolle und ist genauso gut wie er immer war."

Wäre ein Sieg gegen Rapid eine Vorentscheidung im Titelkampf?
Adriaanse: "Nein. Den Nachtrag in Kärnten, ein sehr schwieriges Spiel, haben wir noch nicht gewonnen. Ich habe jetzt die Erfahrung von einem halben Jahr. Und da ist es für uns nicht einfach gelaufen. Die Qualität von Sturm, von Rapid und auch von der Austria ist in etwa die gleiche wie die unsere. Wir haben noch so viele schwierige Spiele vor uns. Man kann auch dreimal hintereinander verlieren und der ganze Vorsprung wäre dann wieder weg."

Rapid, Sturm oder Austria, wer ist für Sie der gefährlichste Konkurrent?
Adriaanse: "Ich denke Rapid. Sie spielen zu Hause sehr stark vor 18.000 begeisterten Zuschauern, die sie immer unterstützen. Das ist ein großes Plus. Die Spieler haben die Erfahrung, dass sie schon einmal Meister geworden sind. Sie wissen, wie sie Meister werden können. Das sitzt im Kopf fest. Auch beim Trainer und im ganzen Verein."

Zuletzt wurden sie als möglicher Nachfolger von Huub Stevens bei PSV Eindhoven gehandelt. Ist da etwas dran?
Adriaanse: "Offiziell nicht. Aber das ist bei Ajax, bei Feyenoord, bei Alkmaar oder bei der Nationalmannschaft so. Immer, wenn die Topmannschaften einen Trainer suchen, dann bin ich unter den Kandidaten."

Ihr Vertrag bei Red Bull endet im Sommer. Gab es schon Gespräche wegen einer Verlängerung?
Adriaanse: "Wir haben ein Gespräch gehabt. Nicht mit Mateschitz. Red Bull ist mein erster Ansprechpartner. Diese Verabredung haben wir gemacht, als ich hierherkam. Der Club und insbesondere Mateschitz wollten einen Trainer für zwei oder drei Jahre haben."

Provokant gefragt, macht es überhaupt noch Spaß in einem Land zu arbeiten in dem der Fußball immer mehr zur Bedeutungslosigkeit verkommt?
Adriaanse: "Ich bin nicht einverstanden mit bedeutungslos. Ich sehe viele gute Talente in Österreich. Ich kenne den Fußball in Holland und Portugal sehr gut. Rapid, Austria, Sturm und Red Bull könnten dort gegen starke Mannschaften bestehen. Ich denke, dass das Niveau in Österreich ziemlich gut ist. Für einen Trainer ist es auch wichtig, unter welchen Bedingungen er arbeiten kann. Dieses Trainingszentrum von Red Bull gibt es nirgends in Holland. Nicht einmal bei Ajax. Und Red Bull ist ein Weltkonzern mit vielen Möglichkeiten. Der Unterschied zu Holland ist, dass dort die Stadien fast immer ausverkauft sind. Dann ist es auch die Aufgabe eines Trainers den Fußball zu popularisieren und so zu spielen, dass die Zuschauer mobilisiert werden. Damit war und bin ich immer sehr beschäftigt."

Wie würden sie in Prozent die Chancen einschätzen, Ende Mai als Meister festzustehen?
Adriaanse: "Das kann ich nicht sagen. Wir haben natürlich eine gute Chance, weil wir Nummer eins sind und vier Punkte Vorsprung haben. Aber das ist im Fußball nicht viel. Nach dem Spiel gegen Rapid kann es schon ganz anders ausschauen."

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