FIFA-Chef mit überschwänglicher Schwärmerei über WM-Gastgeber.
Russlands Präsident Wladimir Putin hätte sich kein größeres Lob wünschen können. Mit seiner überschwänglichen Schwärmerei für Russland übertraf FIFA-Präsident Gianni Infantino selbst die früheren Hymnen seines Vorgängers Joseph Blatter. "Es war die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten", urteilte der Chef des Fußball-Weltverbands am Freitag bei seiner Bilanz-Pressekonferenz in Moskau.
Breit grinsend inszenierte sich Infantino im roten Kapuzenpulli mit der goldenen Aufschrift "Volunteer" als freiwilliger Helfer des Fußballs und sprach dem WM-Gastgeber das größtmögliche Lob aus. Sein "großes Dankeschön an Russland: Spassibo Rossija" ging auch direkt an Kremlchef Putin. Das Gastgeber-Land habe sich dabei in zwei Punkten verändert. "Russland ist eine echte Fußballnation geworden", sagte Infantino. Zudem sei die Wahrnehmung der Nation "auf der ganzen Welt" eine andere als vor dem Turnier.
Das Rampenlicht im Raum des Moskauer Luschniki-Stadions genoss Infantino ganz alleine auf dem Podium neben dem FIFA-Pressesprecher. Cheforganisator Alexej Sorokin verzog sich in die Zuschauerreihen, Generalsekretärin Fatma Samoura war erst gar nicht zu sehen. Ein Spiegelbild der derzeitigen Machtverhältnisse: Selbst Blatter hatte bei seinem Urteil nach der WM in Brasilien noch den damaligen FIFA-General Jerome Valcke und Brasiliens Ex-Sportminister Aldo Rebelo neben sich gestattet.
Infantinos Vorgänger hatte der Weltmeisterschaft vor vier Jahren die Note 9,25 von 10 gegeben. Auf dieser Skala wäre Infantinos Huldigung wohl eine 11 gewesen. Auch kritische Töne angesichts der politischen Situation und seiner engen Bande mit Putin ließ der 48-Jährige abperlen.
Infantino als großer Russland-Fan
Auf die Frage, wo er angesichts der Opfer im abgeschossenen Flugzeug MH17, der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim, Wahlbeeinflussung, durch Staatsdoping betrogenen Sportlern und Menschenrechtsproblemen in Tschetschenien die "moralische Rote Linie" für die FIFA ziehe, antwortete Infantino nur allgemein: "Es gibt viele Sachen, die wir ändern möchten, die aber Realität sind." Und führte natürlich das klassische Funktionsmantra des unpolitischen Sports an: "Wir befinden uns hier bei der WM. Uns geht es hier um den Fußball."
An anderer Stelle scheint Infantino den Fußball jedoch sogar in der Lage zu sehen, eine handfeste politische Krise durchdringen zu können. In der Debatte um die Ausweitung der WM 2022 in Katar hofft der Schweizer auf mögliche Gespräche des Emirats mit Nachbarländern.
Ohne namentlich Saudi-Arabien zu nennen, spielte der Chef des Weltverbands auch auf Golfstaaten an, von denen Katar derzeit politisch isoliert ist. "Vielleicht ist es leichter, über Fußball zu sprechen als über andere Dinge", sagte Infantino auf die Frage nach einem zweiten Gastgeber für das Turnier in vier Jahren. Dabei sprach er über Personen, "die ein Kommunikationsdefizit" miteinander haben.
Die endgültige Entscheidung, ob die WM in Katar mit 32 oder 48 Teams gespielt wird, sei "noch nicht getroffen", betonte Infantino. "Wenn es die Möglichkeit gibt, sollten wir das mit allen Akteuren im FIFA-Council besprechen."
Während des Turniers hatte sich der katarische Vize-Cheforganisator Nassir al-Chatir grundsätzlich offen für eine Erweiterung auf 48 Teams gezeigt. Allerdings vorerst nur für den Fall, dass das Turnier weiter in den acht geplanten Stadien in Katar stattfinden würde. Die Diskussion um den kommenden Gastgeber wird nach dem Finale von Frankreich gegen Kroatien noch weiter Fahrt aufnehmen. Infantino gilt als klarer Befürworter einer frühzeitigen Ausweitung - auch um mehr Geld zu generieren.
Für die WM in Russland werden Einnahmen in Höhe von 6,1 Milliarden US-Dollar erwartet. Dass die freiwilligen Helfer bei den Turnieren nicht bezahlt werden, soll jedoch nicht geändert werden. "Sportveranstaltungen auf der ganzen Welt sind mit der Hilfe von Freiwilligen organisiert", sagte Infantino. Er trage den Volunteers-Pullover aus Dank an sie, erklärte der Schweizer, der ein FIFA-Jahresgehalt von 1,5 Millionen Schweizer Franken (1,29 Mio. Euro) bekommt.