RB-Mastermind im ÖSTERREICH-Talk

Helmut Marko: 'Toto hat sich verrechnet'

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ÖSTERREICH auf Besuch beim Red-Bull-Mastermind in Graz - der 78-jährige Hotelier rechnet vor, wie er Verstappen zum Titel führt. 

Die freien Tage nach dem US-GP in Austin nützte Marko, um sich um seine Betriebe zu kümmern. Neben Forstwirtschaften in der Steiermark führt der 78-Jährige vier Hotels, darunter das hippe Lend mit einer knalligen Kunstsammlung.

Marko posiert beim neuen Blickfang gegenüber vom Empfang: stylish aufgebauten Rennfahrerhelmen. Ganz oben einer von Marko, dem Le-Mans-Sieger von 1971, dessen F1-Karriere von einem Steinschlagunfall 1972 gestoppt wurde. Darunter die Helme von früheren und aktuellen Red-Bull-Piloten, alle mit persönlichen Widmungen. "Thank you for giving me the wings I need to fly", schrieb Max Verstappen mit silberfarbenem Marker auf das Visier.

Helmut Marko: 'Toto hat sich verrechnet'
© oe24
× Helmut Marko: 'Toto hat sich verrechnet'

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× Helmut Marko: 'Toto hat sich verrechnet'

Der 24-jährige Holländer führt das Duell gegen Lewis Hamilton (Mercedes) mit 8:5 Siegen an und geht mit 12 Punkten Vorsprung in die entscheidende WM-Phase. Fünf Grands Prix trennen Verstappen und Red Bull noch vom WM-Traum. Im ÖSTERREICH-Talk spricht Marko über sein väterliches Verhältnis zu Verstappen und rechnet vor, wie er sich die Titelentscheidung vorstellt.

ÖSTERREICH: Max Verstappen bedankt sich mit einer sehr persönlichen Widmung für die Flügel, die Sie ihm verleihen.

HELMUT MARKO: Wir haben Max das Vertrauen geschenkt, als wir ihn mit 16 in die F1 geholt haben. Und dieses Vertrauen ist über die Jahre gewachsen. In unserem Team herrscht eine tolle Stimmung, heuer haben wir Max endlich ein Auto zur Verfügung gestellt, mit dem er um den Titel mitfahren kann.

ÖSTERREICH: In einer vor wenigen Tagen veröffentlichten globalen Fan-Umfrage liegt Verstappen bereits klar vor Hamilton.

MARKO: Max kommt gut an, weil er sich nicht verbiegen lässt. Er sagt zum Beispiel offen, dass Netflix nicht sein Ding ist, wobei ich ihm (bei der F1-Serie "Drive to Survive", Anm. d. Red.) recht geben muss: eine typisch amerikanisch überzogene Gschicht.

ÖSTERREICH: Für die nächste Staffel "bewirbt" sich Verstappen als neuer Hauptdarsteller. Planen Sie schon langsam die Titelparty?

MARKO: Wenn Max noch zweimal gewinnt, dann haben wir die magische Zahl von zehn Siegen erreicht, damit sollte es sich mathematisch ausgehen.

ÖSTERREICH: Wo geben Sie Verstappen die besten Chancen, diese Siege einzufahren?

MARKO: Beim nächsten Rennen in der Höhenlage von Mexiko zum Beispiel. Da waren wir immer stark, da können wir hoffentlich unseren Turbo-Vorteil ausspielen.

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ÖSTERREICH: Und wieso ist das so?

MARKO: Wir haben einen größeren Turbolader, der funktioniert in der dünnen Luft auf 2.200 Meter besser.

ÖSTERREICH: Und danach?

MARKO: São Paulo liegt auch auf 700 Metern, also etwas höher als der Red-Bull-Ring in Spielberg, wo wir heuer zweimal gewonnen haben. Mit zwei weiteren Siegen dürfen wir uns auf den Kursen im Mittleren Osten mit den langen Geraden, die Mercedes zugutekommen, zwar nicht zurücklehnen, aber wir könnten uns mit zweiten Plätzen zufriedengeben. Wobei viel von der Tagesform abhängt, sonst würden wir nicht plötzlich auf sogenannten Mercedes-Strecken gewinnen.

ÖSTERREICH: Stimmt: Vor dem USA-GP hatte Toto Wolff gemeint, dass noch 6 x 25 Punkte plus 6 Extrapunkte für die schnellste Runde im Jackpot liegen würden, wobei er mit dem Austin-Sieg spekuliert hatte.

MARKO (lacht): Und er hat sich offenbar noch einmal verrechnet, weil es ja noch drei Extrapunkte gibt (beim Sprint in São Paulo, Anm. d. Red). Aber im Ernst: Heuer liegen noch 133 Punkte im Jackpot. Wenn Max davon 70 bis 80 holt, sollten wir auf der sicheren Seite sein. 

ÖSTERREICH: In der Konstrukteurs-WM ist Mercedes noch klar vorn - wie wichtig wäre Ihnen dieser Titel?

MARKO: Der wäre in erster Linie eine Zusatzmotivation für die meisten unserer Mitarbeiter, weil es dafür einen Konstrukteursbonus gibt. Aber in erster Linie zählt der Fahrertitel.

ÖSTERREICH: Welchen Stellenwert hätte der im Vergleich zum ersten Red-Bull-Titel für Vettel 2010?

MARKO: Obwohl die Entscheidung auch damals unglaublich knapp war, kann man das nicht vergleichen. Damals waren wir als Team überlegen, aber Vettel und Webber haben sich gegenseitig Punkte weggenommen. Diesmal ist das was ganz anderes: Sieben Jahre war Mercedes unglaublich überlegen, nie gezwungen, ans Limit zu gehen. Diese Vorherrschaft wollen wir brechen, deswegen wäre der Titel vom sportlichen Wert jetzt deutlich drüber zu stellen.

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