In den spanischen Dopingskandal rund um Eufemiano Fuentes kommt neue Bewegung.
Sechs Monate nach der Aufdeckung des mutmaßlichen Radsport-Dopingrings um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes ist in den Skandal neue Bewegung gekommen. In mehreren Blutkonserven, die die Polizei vor einem halben Jahr bei der "Operacion Puerto" (Operation Bergpass) in der Praxis des Mediziners sichergestellt hatte, wurden Spuren von Dopingmitteln entdeckt. Wie aus dem Bericht eines offiziellen Antidoping-Labors in Barcelona hervorgeht, wurden in acht Proben erhöhte Mengen des Blutdopingmittels EPO nachgewiesen.
Welche Radprofis waren gedopt?
Der Laborbericht, der der
spanischen Justiz überstellt wurde, enthält nach Angaben der Madrider Presse
vom Freitag allerdings keine Informationen darüber, von welchen Radprofis
das analysierte Blut stammt. Da das Labor nur einen Teil der 99
eingeschickten Blutkonserven untersuchte, könnte die Zahl der positiven
Befunde erheblich höher sein.
Die spanischen Ermittler legen dem Netzwerk um Fuentes zur Last, das Blut von Radsportlern so mit Dopingmitteln aufbereitet zu haben, dass die verbotenen Stoffe bei Kontrollen nicht entdeckt werden konnten. "Die jüngsten EPO-Nachweise deuten darauf hin, dass die Doper das Verfahren nicht ganz unter Kontrolle hatten", schreibt die Zeitung "El Pais".
Ermittlungen gegen Ärzte
Die "Operacion Puerto" hatte vor
sechs Monaten als einer der bedeutendsten und spektakulärsten Schläge gegen
Doping im Radsport begonnen. Mittlerweise sind die Erwartungen jedoch stark
geschrumpft. Zwar gerieten 58 Profis, darunter Radsportgrößen wie Jan
Ullrich und Ivan Basso, unter Dopingverdacht. Aber die Sportler haben von
der spanischen Justiz nichts zu befürchten. Die Ermittlungen richten sich
allein gegen acht Ärzte und Funktionäre, nicht aber gegen Radprofis. Die
Sportler sollen allenfalls als Zeugen einvernommen werden. Gegen Ullrich
laufen allerdings Ermittlungen in Deutschland.
In Spanien hatte die Justiz den Sportverbänden bis auf weiteres ausdrücklich untersagt, die Ermittlungsakten für eine Bestrafung verdächtiger Radsportler heranzuziehen. Daraufhin stellten der spanische und italienische Verband ihre Disziplinarverfahren gegen alle Fahrer vorerst ein. "Die Operation fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen", meinte die Zeitung "El Mundo". Auch "El Pais" zog eine eher niederschmetternde Bilanz: "Die Operacion Puerto ist zu einem Synonym geworden für Unfähigkeit, Chaos, Verschleppungstaktiken und juristisches Geplänkel."
Radprofis dürften nichts zu befürchten haben
Mittlerweile
gilt es nach Ansicht von Experten als ziemlich unwahrscheinlich, dass die
verdächtigen Radprofis gesperrt werden. Indirekt wurden sie aber dennoch
bestraft. Viele Fahrer finden keine Teams, die sie unter Vertrag nehmen. Bei
der Tour de France sollen sie nicht an den Start gehen dürfen. Im spanischen
Parlament wurde heftige Kritik am Vorgehen der Behörden laut. Mehrere
Abgeordnete erhoben den Vorwurf einer unzulässigen Vorverurteilung.
Radprofis seien bestraft worden, ohne verurteilt worden zu sein und ohne die
Chance einer Verteidigung gehabt zu haben.
Doping in Spanien keine Straftat
Die Justiz tut sich auch bei den
Ermittlungen gegen Fuentes und dessen mutmaßliche Helfer schwer. Auf Grund
der Rechtslage ist es außerordentlich kompliziert, den Verdächtigen
strafbare Handlungen nachzuweisen; denn Doping war in Spanien bisher keine
Straftat. Das vom Parlament beschlossene neue Anti-Doping-Gesetz tritt erst
in drei Monaten in Kraft und darf nicht rückwirkend angewandt werden.
Die Justiz muss sich daher auf den Straftatbestand einer "Gefährdung der öffentlichen Gesundheit" stützen. Namhafte Mediziner vertreten jedoch die Auffassung, dass die - Fuentes zur Last gelegte - Aufbereitung von Eigenblut der Sportler im Grunde keine gesundheitlichen Gefahren birgt. Fuentes' Anwalt Julian Perez Templado meinte gelassen: "Bei den Ermittlungen geht es nicht um Doping. Es geht allein um die Frage, ob die Blutkonserven eine Gefahr für die Gesundheit der Sportler bedeuteten."