Der 28-jährige Familienvater galt lange als solider Platzspringen. Bei der diesjährigen Vierschanzen-Tournee sprang er ins Rampenlicht.
Vor diesem Winter hat der frisch gebackene Vierschanzen-Tournee-Sieger Wolfgang Loitzl im erfolgsverwöhnten österreichischen Skisprung-Team als verlässlicher Platzierungs-Springer mit Podestplatz-Potenzial gegolten. Der bis zum Jahreswechsel im Weltcup sieglose Steirer, der in einer Woche 29 Jahre alt wird, hatte vier WM-Goldmedaillen mit der ÖSV-Mannschaft erobert und bis zu seinem Premierensieg in Garmisch-Partenkirchen insgesamt neun Stockerlplätze im Weltcup geholt.
Tournee-Sieg folgt auf ersten Einzelerfolg
"Für den Tournee-Sieg
würde ich schon noch ein Jahr auf meinen ersten Einzelerfolg warten", hatte
der zweifache Vater vor der Traditionsveranstaltung gemeint. Geschafft hat
er nun binnen einer Woche beides. Seine bereits 13. Tournee entwickelte sich
für den Bad Mitterndorfer mit seinen ersten drei Weltcuperfolgen zum
unerwarteten Triumphzug. Der Schweizer Simon Ammann mit vier Siegen und
Teamkollege Gregor Schlierenzauer mit deren zwei hatten vor Beginn der
Traditionsserie als die Topfavoriten gegolten.
In der laufenden Saison etablierte sich Loitzl mit gewohnter Konstanz und Regelmäßigkeit auch in der absoluten Weltspitze und reiste mit drei zweiten Plätzen im Gepäck zur Tournee an. Edelstilist Loitzl, der für seinen perfekten Flug im ersten Durchgang in Bischofshofen auf 142,5 Meter gleich fünf Mal die Höchstnote 20 erhielt, ist mit vier WM-Team-Goldmedaillen und einer Bronzenen der erfolgreichste Österreicher bei Nordischen Ski-Weltmeisterschaften. Aufgrund des bisher ausgebliebenen Einzelerfolges haftete ihm allerdings schon der Ruf des ewigen Talents an.
Gewohnte Beständigkeit
Doch mit der gewohnten Beständigkeit,
bloß auf einem deutlich höheren Niveau, wie ÖSV-Cheftrainer Pointner sagt,
kam er im WM-Winter endgültig im Kreis der absoluten Topathleten an. "Das
Können war ja immer da, das ist vor allem eine mentale Geschichte. Neu ist
bei ihm der absolute Siegeswille und die Fokussierung auf das Wesentliche",
meinte Pointner zum späten Aufstieg des Team-"Oldies", den er in der
Vergangenheit einige Male wegen seiner fehlenden Bereitschaft, alles zu
geben, kritisiert hatte.
Familienvater Loitzl sticht in der fast durchwegs um mehr als fünf Jahre jüngeren österreichischen Mannschaft mit seiner besonnenen, ausgeglichenen Art hervor. "Er ist unser Ruhepol", sagt Pointner über den Team-Senior. Seine Frau Marika erlebt die Auftritte des leidenschaftlichen Harley-Davidson-Fahrers nur aus der Ferne und fiebert mit den Söhnen Benjamin und Nikolas stets vor dem TV-Gerät mit. Für das Tournee-Finale brachen die Loitzls mit der Tradition, Marika war beim Gesamttriumph in Bischofshofen vor Ort.
Aus der Talenteschmiede Stams
Wie viele der ÖSV-Adler durchlief
der Steirer die Talentschmiede im Schigymnasium Stams. Mit dem
Junioren-Weltmeistertitel im Jahr 1998 rückte er erstmals so richtig ins
Rampenlicht. Im Weltcup dauerte es bis zur Saison 2000/01 bis sich die
ersten drei Podestplätze einstellten. Sein erster WM-Mannschaftstitel
datiert aus dem Jahr 2001. Den ersten Stockerlplätzen folgte allerdings eine
sechseinhalbjährige Durststrecke. "Ich habe mir immer gedacht, er müsste
neugieriger sein. Den Nimbus hat er bei mir, trotz vieler
Mannschaftserfolge, nie verloren", beschreibt ÖSV-Sportdirektor Toni Innauer
den neuen Seriensieger. "Heuer hat er hingegen gezeigt, er will den Sieg. Er
fühlte sich einfach berufen".
Nach der Nichtnominierung für die Olympischen Spiele 2006, bei denen seine Teamkollegen Mannschaftsgold holten, hätte Loitzl beinahe das Handtuch geworfen. Der Steirer machte aber weiter, und es sollte sich auszahlen. Die lange podestplatzlose Zeit endete in der Vorsaison in Trondheim und Val di Fiemme jeweils mit Platz drei. Im laufenden Winter sollte es gleich im ersten Saisonbewerb in Kuusamo mit Rang zwei klappen. Vor der Tournee folgten ausschließlich Top-Ten-Platzierungen inklusive zwei weiterer zweiter Plätze in Engelberg.
Marken-Wechsel als Erfolgsgeheimnis
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis
dürfte der Skimarken-Wechsel vor Saisonbeginn, der bereits fünfte in seiner
Karriere, sein. Der geschah nicht ganz freiwillig, da ihn der bisherige
Ausrüster nicht mehr hatte haben wollen. Der Umstieg zu Atomic scheint nach
langem Tüfteln im Sommer nun den gewünschten Erfolg zu bringen. Außerdem
profitierte Loitzl offenbar mehr als sonst von der seit drei Jahren
praktizierten Saisonvorbereitung abseits von Schlierenzauer, Morgenstern und
Co. in der zweiten ÖSV-Trainingsgruppe unter dem Tauplitzer Klaus Huber.
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Wolfgang LOITZL (28 Jahre)
Geb.: 13.1.1980 in Bad Ischl
Wohnort:
Bad Mitterndorf/Steiermark
Größe/Gewicht: 1,80 m/65 kg
Familienstand:
verheiratet mit Marika, 2 Söhne (Benjamin, Nikolas)
Verein: WSV Bad
Mitterndorf
Beruf: Zeitsoldat
Hobbys: Harley Davidson, Computer,
Fernsehen, Sport
Homepage: www.wolfgang-loitzl.com
Im ÖSV-Kader seit
1995
Größte Erfolge
Olympia
- Team-Vierter 2002
WM
- Team-Gold 2001 (Normalschanze)
- Team-Gold 2005 Oberstdorf Normalschanze
- Team-Gold 2005 Oberstdorf Großschanze
- Team-Gold 2007 Sapporo Großschanze
- Team-Bronze 2001 Großschanze
Vierschanzen-Tournee
- Gesamtsieger 2008/09
Skiflug-WM
- Team-Bronze 2004
Junioren-WM
- Einzel-Gold 1998 Normalschanze
- Team-Bronze 1997
Weltcup
- 3 Siege (Garmisch-Partenkirchen 2009, Innsbruck 2009, Bischofshofen 2009), zuvor 222 Weltcup-Bewerbe sieglos
- weitere Podestplätze: 6 x Zweiter (Salt Lake City 2001, Sapporo 2001, Kuusamo 2008, 2 x Engelberg 2008, Oberstdorf 2008)
- 3 x Dritter (Falun 2001, Trondheim 2007, Val di Fiemme 2008)
- Team-Siege in Sapporo 2002, Pragelato 2005 und Willingen 2007
- Gesamt-Siebenter 2000/01, Gesamt-Zehnter 2007/08