"Ist komplex geworden"

Doping-Ruhe vor Olympia

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Dass es international gesehen auf der Doping-Front in letzter Zeit wenig zu berichten gibt, muss kein schlechtes Zeichen sein und so kurz vor den Olympischen Spielen in Peking auch nicht die Ruhe vor dem Sturm bedeuten. 

Österreichs NADA-Geschäftsführer Michael Cepic sieht drei Erklärungsansätze: Corona überdecke die wenigen Fälle medial, das Dopinggeschehen bewege sich in Wellen und die erfassten Blut- und Steroidprofile lassen nicht mehr viel Spielraum zu.

"Ich glaube schon, dass Aderlass mit Polizei im Sinne der Abschreckung international einen gewissen Einfluss gehabt hat. Dann werden die Leute vorsichtiger", sagte Cepic im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur und erinnerte an die letzte großmaschige internationale Doping-Affäre im Rahmen der Nordischen-WM 2019 in Seefeld. Auf einen Skandal folge eine ruhigere Phase. "Die was machen, werden dann vorsichtiger, reduzieren, manche hören ganz auf. Dann hört man eine Zeit lang nichts, dann probieren manche wieder mehr oder es fangen welche komplett neu an."

Das Passport-Programm, in dem Blut- und Steroid-Profile über einen langen Zeitraum erfasst sind, mache es zudem im absoluten Spitzensport schwer, "einfach irgendwas zu nehmen, einzuwerfen, zu spritzen. Dafür braucht es Experten. Ich sage nicht, dass es das nicht gibt, aber das ist so komplex und aufwendig geworden", sagte Cepic. Auch auf dem analytischen Sektor gäbe es kontinuierliche Entwicklungsschritte.

So viele Kontrollen wie nie zuvor

Was das Testaufkommen betrifft, so gleichen die internationalen Zahlen von 2021 schon wieder fast jenen von 2019 und damit vor der Corona-Pandemie. Unterschiede gäbe es noch, was Tests während und außerhalb Wettkämpfen betreffe, aber auch weil noch weniger Wettkämpfe stattfänden. "Aber in Summe ist man schon wieder gut unterwegs. Und in Österreich hat die NADA Austria 2021 so viele Kontrollen durchgeführt wie nie zuvor, das hängt mit zwei Olympischen Spielen innerhalb von sieben Monaten zusammen."

Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA veröffentlichte auch bereits ihre Zahlen, 2021 wurden weltweit 274.254 Dopingproben von 256 Anti-Doping-Organisationen entnommen, 2020 waren es 168.256, 2019 und damit vor Corona 305.881. Die Wettkampfkontrollen lagen 2019 bei 142.814, 2021 bei 102.503. Es wurde also viel außerhalb der Bewerbe getestet, ein wichtiger Teil von "intelligence testing".

Österreichs Athletinnen und Athleten in Peking hatten im Vorfeld der Spiele bis zu zwanzig Doping-Tests zu absolvieren, durch die NADA selbst oder angeordnet durch internationale Verbände. Während der Spiele ist wieder die Internationale Test-Agentur (ITA) im Einsatz, sie hatte nach einer Risikobewertung, die sieben unabhängige Experten vornahmen, im Vorfeld mehr als 5.400 Empfehlungen für Doping-Kontrollen ausgegeben. Während der Spiele sollen 2.900 Proben entnommen werden - auch mittels Dried Blood Spot (DBS) - und im von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) akkreditierten Labor analysiert. Alle Proben werden zehn Jahre lang aufbewahrt.

Keine Angst vor kontaminiertem Fleisch

Angst vor kontaminiertem Fleisch müsse man im Olympischen Dorf nicht haben, versicherte Cepic. "Wir sagen den Sportlerinnen und Sportlern, dass die zur Verfügung stehenden Nahrungspakete unbedenklich gegessen werden können. Denn das würde sonst ja immer gleich ein paar hundert betreffen. Ausdrücklich warnen wir aber davor, auf Märkten Fleisch zu essen, aber das kommt ohnehin nicht in Frage, weil man aus der Blase nicht rausdarf." Clenbuterol-Fälle (Kälbermastmittel) seien ihm aus den vergangen Jahren keine bekannt.

Die chinesischen Sportler fielen im Vorfeld der Spiele nicht mit großen Leistungsexplosionen auf, man darf auf saubere Spiele hoffen und muss kein zweites Russland befürchten, das für die Heimspiele 2014 in Sotschi Staatsdoping betrieben hatte und bei den Peking-Spielen als Verband ausgeschlossen ist. Nur neutrale Athleten dürfen an den Start gehen. "Die Chinesen sind mit ihrer Anti-Doping-Agentur code compliant, die WADA hat in die Daten jederzeit Einsicht genauso wie die internationalen Fachverbände. Ich will mich nicht an Spekulationen beteiligen. Zur Zeit gibt es keine Auffälligkeiten", sagte Cepic.

Wenn die Corona-Pandemie etwas Positives gebracht habe, dann dass der Austausch zwischen den acht Ländern der Central European Anti-Doping Organisation (CEADO) enger geworden sei. "Wir arbeiten an vielen Projekten gemeinsam, haben regelmäßig Sitzungen, die wir vorher nie gehabt haben. Diese Kooperation läuft ausgezeichnet. Durch den Zusammenschluss haben wir international schon eine Stimme." WADA-Präsident Witold Banka war bei einer Sitzung bereits anwesend, für April gibt es eine weitere Zusage. Ziel der CEADO ist es, die WADA auch auf Problematiken hinzuweisen, wie beispielsweise die gewinnorientierten privaten Test-Dienstleister.

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