oe24-Interview

Beide Unterschenkel gebrochen - Max Franz gibt wieder Gas

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Auch wenn der Speed-Auftakt in Beaver Creek (Fr./Sa.) noch ohne Max Franz über die Bühne geht: Dass der 35-jährige Kärntner wieder die Abfahrtsski anschnallt, gleicht einem Wunder. Im oe24-Interview schildert der Abfahrtsstar seinen harten Weg zurück.

Die Meldung vom 13. November 2022 schockte die heimischen Skifans: "Max Franz in Vail nach Brüchen an beiden Beinen operiert". Der Kärntner Abfahrtsstar, WM-Bronzemedaillengewinner in St. Moritz 2017, hatte sich bei einem Trainingssturz eine offene Unterschenkelfraktur am linken Bein, eine komplizierte Unterschenkelfraktur am rechten Bein sowie mehrere Schnittwunden zugezogen. Der US-Teamarzt operiert Franz in Vail, sodass eine Überstellung nach Österreich möglich ist.

"Ich allein entscheide, wann Schluss ist"

In Graz folgen weitere Eingriffe. 20 Schrauben und ein Nagel halten die beiden Unterschenkelknochen zusammen. Ein 80% durchtrennter Nerv macht zusätzlich Probleme. Für Insider bedeutet das: Karriere-Ende. Nicht für den Skistar mit der Wildsau am Helm, der immer wieder betont: "Ich allein entscheide, wann Schluss ist."

November 2024. Zwei Jahre nach dem Horrorsturz postet Franz ein Trainings-Video aus Sölden: Bei herrlichem Wetter rast er in Abfahrtsposition durch Super-G-Tore . Dazu die Mr.-Tour-le-Monde-Melodie: "Sunny Day". Ein Etappensieg auf dem harten Weg zurück. Im oe24-Talk schildert Franz sein Gefühls-Auf-und-Ab - vor allem am Speedauftakt-Wochenende holen den 35-Jährigen Erinnerungen ein.

oe24: Max, verfolgen Sie die ersten Speedrennen in Beaver Creek?
MAX FRANZ: Und wie! Schon das erste Training hab ich mit dem Liveticker analysiert. Heuer geht es ordentlich zur Sache, durch den vielen Neuschnee und die Temperaturen in der Nacht gibt's richtig viel zum Arbeiten für die Läufer.

oe24: Sie hatten selbst zwei schwere Stürze auf der Birds of Prey ...
FRANZ: Beide waren an derselben Stelle beim Screech-Owl-Sprung. In meinem ersten Jahr beim Abfahrtstraining war's das Kreuzband (2009, d. Red.), drei Jahre später war im Super-G sauschnell, bin aber in ein Tor reingesprungen und hab die Stangen links und rechts auf den Helm bekommen, das war quasi a Stereo-Watschn. Danach war ich sofort weg. 

oe24: Das heißt, Sie können sich an nichts erinnern? 
FRANZ: Ich hab einen kurzen Moment aus dem Krankenhaus parat und einen aus dem Flieger beim Heimflug. Ich bin aber nicht bös darüber, dass diese Zeit nicht mehr in meinem Kopf ist.

oe24: Trotzdem mögen Sie die Birds of Prey noch immer?
FRANZ: Die Abfahrt ist super. Da sind auch die Jungen immer wieder aufs Neue fasziniert: Oben ist es plattleben, und dann geht's plötzlich runter. Du denkst dir nur: Bist du deppert, ist das steil und eng! Beim Besichtigen denkst du dir: Wie soll denn das gehen? Aber du schaffst es irgendwie, und im Ziel denkst du dir: Geil, ich will gleich wieder fahren! 

"Mit einer richtigen Weltcuppiste hat mein Training noch wenig zu tun"

oe24: Wann geht es für Sie auf die Rennpiste zurück? Ihr Trainingsvideo aus Sölden schaut ja schon vielversprechend aus ...
FRANZ: Die Bilder täuschen, das waren echt coole Bedingungen: nicht eisig, aggressiver Schnee. Mit einer richtigen Weltcuppiste hat das noch wenig zu tun. Ich hoffe aber, dass ich heuer noch einen gewaltigen Schritt nach vorne schaffe, dass ich am Ende des Winters ein paar coole Schwünge zusammenbekomme. 

oe24: Viele Experten hatten das nicht mehr für möglich gehalten ...
FRANZ: Ich bin richtig happy, dass ich wieder auf Skiern stehe, dass da was weitergeht. Langsam geht auch das komische Gefühl auf der Fußsohle weg. Man darf nicht vergessen: Ich war zwei Jahre lang nicht auf Skiern unterwegs, da ist man die geschnittenen Schwünge nicht mehr gewohnt, das Feingefühl muss ich mir erst wieder erarbeiten. Es wird von Mal zu Mal besser. Ich muss mir die spezifische Muskulatur wieder antrainieren, und das funktioniert nur mit Skifahren.

oe24: Wie sieht ihr Trainings-Alltag aus?
FRANZ: Ich fahre ein, zwei Tage Ski, dazwischen mach ich wieder Therapie. Ich muss mich immer wieder selbst zurückhalten, darf nicht übertreiben. 30 Sekunden lang Super-G-Gleitkurven, das war früher nix für mich. Jetzt ist es brutal anstrengend. Auch das normale Gehen ist für mich nach wie vor schwierig, das Abrollen, das Wegdrücken. Im Skischuh hab ich ein besseres Gefühl, da steh ich drinnen wie in einem Gips. Es wird jedenfalls alles immer besser. Man muss halt immer dranbleiben.

"Es tut mir so leid für Marcel, dass es vorbei ist"

oe24: Vor eineinhalb Jahren haben Sie sich als Fernziel die WM 2025 in Saalbach gesetzt. Das scheint nicht mehr realistisch, oder?
FRANZ: Ich hab ein großes Ziel: Ich will noch einmal konkurrenzfähig runter fahren können. Dazu setz ich mir kein Datum mehr. Es muss zu hundert Prozent passen, sinnloses Risiko geh ich keines mehr ein.

oe24: Wie sehr leiden Sie mit Ihrem Buddy Marcel Hirscher?FRANZ: Es ist brutal schad, was ihm passiert ist! Ich hab den Marcel bei der Vorbereitung in Sölden getroffen und gesehen, wie viel Freude er gehabt hat. Es war ein wohlüberlegtes Projekt: Er wollte es noch einmal wissen und hat alles in seine Vorbereitung reingehaut. Es tut mir so leid für ihn, dass es jetzt vorbei ist. Ich hatte mich eigentlich drauf gefreut, dass er mit seinem Comeback einen Wirbel reinbringt und war überzeugt davon, dass er einiges gezeigt hätte. Schade, dass es nicht funktioniert hat.

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