Ehemalige Turnerin begann erst mit 18 Jahren zum Snowboarden.
Im Training ist sie kaum zu bremsen, und in der Luft in einer eigenen Welt. Anna Gasser lernte zuerst Saltos und Schrauben, ehe sie als Snowboard-Spätstarterin das Brettl für sich entdeckte. Die 26-jährige Ausnahmekönnerin aus Kärnten krönte am Donnerstag ihre von vielen Verletzungen durchzogene Karriere mit Gold im Big Air bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang.
Als "ESPY Award"-Gewinnerin, Österreichs Sportlerin des Jahres", Weltcup-Seriensiegerin, Big-Air-Weltmeisterin 2017 und X-Games-Erste 2018 war Gasser nach Südkorea gereist. Wurde sie im Slopestyle von einer Windböe aus dem Medaillentraum gerissen, so fokussierte sich die Millstätterin nochmals neu und versuchte den Druck auszublenden. "Ich habe das Gefühl, alles wartet nur auf den Big Air", sagte sie schon Tage vor dem Wettkampf. "Es war sicher eine der schwersten Zeiten in meinem Leben."
Gasser ist eine Perfektionistin
Trainer Christian Scheidl beschreibt Gasser als "Perfektionistin". Sie sei extrem konzentriert und arbeite extrem hart. Und sei dabei kaum zu bremsen. "Man muss nie hinterherschauen, dass irgendwas passiert. Meine Aufgabe ist es meistens sogar zu sagen, okay, jetzt ist einmal aus, jetzt reicht es einmal." Freund, Freestyle-Kollege, Coach und selbst Olympiateilnehmer Clemens Millauer vergleicht sie wegen ihres Dranges nach Bewegung mit einem "Baby-Husky", was sie schmunzelnd aufnahm.
Grundlage des Triumphes im Skisprungstadion von Alpensia war eine akribische Weiterentwicklung der Tricks, auch dank des neuen Lande-Airbags am Kreischberg. Beim WM-Coup im März 2017 in der Sierra Nevada hatte sie einen "Cab Double Cork 900" gezeigt und einen "Backside Double Cork 1080" nachgelegt. Bei den X-Games in Aspen erledigte sie diesen heuer verkehrt angefahren, das war letztlich auch der Schlüssel zum Erfolg bei den Winterspielen.
Kärntner Spätstarterin als Überfliegerin
Die 1,67 m große und 52 kg leichte Oberkärntnerin ist eine Spätstarterin auf dem Board. Die ehemalige Schülerin des BRG Spittal/Drau war bis 15 erfolgreiche Turnerin und Sportakrobatin, nach drei Jahren Pause vom Sport suchte sie sich mit 18 eine neue Herausforderung. "Also bin ich einmal mit meinem Cousin auf den Mölltaler Gletscher rauf und habe gleich meine ersten kleinen Tricks auch gelernt." Beim zuvor einzigen Snowboard-Versuch als Kind fand sie keinen Gefallen daran, lieber sprang sie vom Sprungturm im Strandbad Millstatt.
Die Erfolge stellten sich rasch ein. Im November 2013 zeigte Gasser als erste Frau einen "Cab Double Cork 900". Das Gefühl sei unbeschreiblich gewesen, als ich diesen Trick das erste Mal stand, erinnerte Gasser. Vor den Olympischen Spielen in Sotschi verpasste sie wegen eines gerissenem Syndesmoseband zwei Monate Training, schaffte es bei den Winterspielen aber als Qualifikations-Beste ins Slopestyle-Finale. Dort legte sie einen Fehlstart hin und rutsche auf dem Hinterteil den Starthügel hinunter. Sie kletterte wieder hoch, die Konzentration war aber weg, es wurde Platz zehn.
Im Winter darauf erhielt Gasser die nächste Chance auf ihre erste Medaille. Bei der Heim-WM 2015 auf dem Kreischberg trat sie nach einer Handoperation wegen eines verschobenen Knochens mit Sportgips an und gewann die Silbermedaille im Slopestyle. Die nächste Verletzung ließ nicht so lange auf sich warten: Im Jänner 2016 erlitt sie Blessuren im Bereich des fünften und sechsten Halswirbels , als sie beim Training in den USA in eine Schaumstoffschnitzelgrube sprang.
Verletzungen "gehören dazu"
Verletzungsfrei verlief auch die vergangene Saison nicht, eine leichte Knochenprellung am Schienbeinkopf im rechten Bein hatte sie mitten in der Saison zu einer einmonatigen Pause gezwungen. Dem Erfolg tat das keinen Abbruch. Gasser holte sich zum WM-Gold noch die kleine Weltcup-Kristallkugel für die Disziplinwertung im Big Air und die große als Freestyle-Gesamt-Weltcupsiegerin. Außerdem machte sie bei den X Games einen kompletten Medaillensatz komplett - Gold im Slopestyle in Lillehammer, Silber im Big Air in Aspen und Bronze im Big Air in Lillehammer.
In der Vorbereitung auf die neue Saison erlitt Gasser Anfang August auf der Mattenanlage in Toyama (Japan) eine Prellung des Schienbeinkopfes im linken Bein. Im November prellte sie sich im Rahmen des Weltcup-Gewinns in Peking - der insgesamt siebente ihrer Karriere (6 Big Air/1 Slopestyle) - die Ferse im rechten Fuß, es bildete sich ein Bluterguss an der Knöchel-Innenseite. Erneut folgte eine Pause und der Comeback-Sieg bei den X-Games in Aspen. Sie ist solche Zwischenfälle aber mittlerweile gewöhnt. "Mein Papa sagt immer, eine Verletzung im Winter gehört dazu."
Snowboard Big Air Damen - das Ergebnis: