Belgien

Designierter Premier wirft das Handtuch

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Kein Ende in Sicht ist in der belgischen Rekord-Regierungskrise.

Belgiens designierter Premierminister Elio Di Rupo hat nach einer knapp zweimonatigen Vermittlung aufgegeben. Wegen des hartnäckigen Widerstands der flämischen Nationalisten gegen seine Reformvorschläge habe er König Albert II. gebeten, vom Auftrag der Regierungsbildung entbunden zu werden, berichteten belgische Medien am Freitag.

König Albert II.: "Belgien in ernster Lage"
Belgiens König Albert II. sieht sein Land angesichts der politischen Dauerkrise in einer "ernsten Lage".

Noch keine Entscheidung von Albert II.

König Albert II. entschied nach Angaben des Palastes am Freitag zunächst nicht über Di Rupos Bitte. "Angesichts der ernsten politischen Lage wünscht der König, dass alle politischen Verantwortlichen im Land sich einige Tage zum Nachdenken nehmen, um die Folgen der politischen Situation zu ermessen und nach Ansätzen für eine Lösung zu suchen", hieß es in der Mitteilung des Monarchen. Die belgischen Parteien können sich seit der letzten Parlamentswahl im Juni 2010 nicht auf eine Regierungskoalition verständigen.

Flämische Nationalisten gegen Reformpaket
Die flämischen Nationalisten der N-VA hatten am Donnerstag in ungewöhnlich deutlicher Form ein detailliertes Reformpaket Di Rupos verworfen. N-VA-Chef Bart De Wever und der frankophone Sozialist Di Rupo waren die Sieger der Parlamentswahlen vom 13. Juni vergangenen Jahres gewesen.

Ringen um eine Staatsreform
Seitdem ringen neun Parteien aus den Niederländisch und Französisch sprechenden Landesteilen um eine Staatsreform, die Vorbedingung für eine Regierungsbildung ist. Di Rupo war Mitte Mai vom Souverän mit der Bildung einer Koalitionsregierung beauftragt worden. Echte Verhandlungen dafür fanden aber nicht statt - das Papier Di Rupos sollte dafür die Basis sein.

Sprachenstreit schuld an Dauerkrise
Die Krise Belgiens hat ihre Ursachen vor allem im anhaltenden Sprachen- und Regionenstreit. Französischsprachige und flämische Belgier sind tief zerstritten - es geht um Macht, Kompetenzen und Verteilung von Staatsgeldern. Die Tagesgeschäfte werden derzeit vom kommissarisch weiter amtierenden Regierungschef Yves Leterme erledigt.

Neuwahlen im Herbst?
Es gibt laut politischen Beobachtern mehrere Szenarien für das weitere Vorgehen des Königs. Er könnte beispielsweise De Wever mit einer neuen Vermittlungsmission betrauen. Eine weitere Option seien Neuwahlen im Herbst.

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