Zweifel in Rumänien

Bericht bestätigt Infos zu CIA-Gefängnissen

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Sechs Verdächtige sollen in Rumänien inhaftiert worden sein - Außenministerium weist Behauptungen zurück und bezweifelt Objektivität des Berichts.

Mit dem kürzlich veröffentlichten Bericht der Organisation "Open Society Justice Initiative" scheinen sich die Indizien zur Existenz geheimer CIA-Gefängnisse in Rumänien zu erhärten. In Rumänien seien in geheimen CIA-Gefängnissen sechs Terrorismusverdächtige festgehalten worden, erklärte die unter dem Titel "Globalizing Torture" am Dienstag veröffentlichte Studie. Doch Behörden und Spezialisten zweifeln an der Beteiligung Rumäniens an mutmaßlichen illegalen Inhaftierungsprogrammen des US-amerikanischen Geheimdiensts.

In einer Stellungnahme erklärte das rumänische Außenministerium, dass der Bericht bezüglich der Debatte um die Existenz von CIA-Gefängnissen in Rumänien keine neuen Elemente aufweise und dass dessen Objektivität "fragwürdig" sei. Für den öffentlich-rechtlichen Nachrichtensender "Radio Romania Actualitati" erklärte der Reservegeneral Decebal Ilina, ehemaliger Staatssekretär und Chef des militärischen Informationsdiensts, dass er die Existenz von CIA-Gefängnissen in Rumänien für unwahrscheinlich halte. "Es wäre zumindest ein Informationsfetzen durchgesickert, zumal die internationale Gemeinschaft und vor allem die EU interessiert waren, die Wahrheit zu erfahren", so Ilina. "Es gab großes Wohlwollen bei vielen Politikern jener Zeit gegenüber den USA, denn sie glaubten, dass ihr Pro-Amerikanismus (...) ein großer Vorteil war", sagte Ilina und gab zu bedenken, dass es "relativ leicht gewesen wäre, dass sie auf gewisse amerikanische Vorschläge eingehen, wenn es sie gegeben hätte".

Die sechs in Rumänien festgehaltenen Häftlinge gehören laut dem Bericht zu jenen 14 Terrorismusverdächtigen, die 2006 in die Haftanstalt von Guantanamo Bay transferiert wurden. Im Bericht werden 54 Länder aufgezählt, die laut der Autorin Amrit Singh nach dem Attentat vom 11. September 2001 am CIA-Terrorismusbekämpfungsprogramm teilgenommen haben sollen. 25 davon seien europäische Staaten. In Thailand, Litauen und Rumänien sollen Haftanstalten, sogenannte "black sites", eingerichtet worden sein.

Die Vermutung, dass Rumänien geheime CIA-Gefängnisse beherbergte, wurde erstmals im November 2005 von der Organisation Human Rights Watch öffentlich geäußert. 2006 bestätigte ein Bericht des Europarats, dass "die Existenz einer geheimen Haftanstalt in Rumänien angenommen werden kann" und dass Rumänien sich gegebenenfalls für das Komplott mit dem CIA-Inhaftierungs- und Auslieferungsprogramm verantworten müsse. Der Europarat-Bericht erwähnte nicht nur zwei Flüge, die 2003 und 2004 über rumänische Flughäfen möglicherweise Häftlingstransporte durchführten, sondern auch ein Interview eines deutschen Journalisten mit einem Afghanen in Kabul, der behauptete, während seiner Haft von einem Wächter erfahren zu haben, dass er sich in Rumänien befinde.

2009 enthüllten ehemalige Geheimdienstmitarbeiter gegenüber der "New York Times", dass die CIA drei Haftanstalten für je sechs Häftlinge eingerichtet habe, eines davon "in einem renovierten Gebäude auf einer belebten Straße in Bukarest". 2011 behauptete der Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg zudem, dass Rumänien zu den mindestens sieben Ländern gehöre, die "black sites" beherbergt hätten.

Laut Associated Press soll das rumänische CIA-Gefängnis unter der Bezeichnung "Bright Light" geführt worden sein und sich in einem öffentlichen Archivgebäude des Nationalen Registers für geheime Staatsinformationen (ORNISS) befunden haben. ORNISS-Beamte stritten jedoch die Existenz eines Gefängnisses im Keller des Gebäudes stets ab. 2007 äußerte auch das EU-Parlament "ernste Besorgnis" um die 21 Zwischenlandungen von CIA-operierten Flugzeugen auf rumänischen Flughäfen. Sieben Passagiere des Flugs N478GS aus Bagram in Afghanistan seien im Dezember 2004 nach einem Unfall bei der Landung in Bukarest verschwunden. Auch liegen der US-amerikanischen Justiz Informationen zu mindestens drei Flügen vor, die die Fluggesellschaft Richmor Aviation für die CIA 2004 auf Flughäfen in Rumänien durchführte.

Wie bereits ein vom rumänischen Senat im April 2008 adoptierter Bericht einer Ende 2005 einberufenen Untersuchungskommission, betont das Außenministerium auch aus aktuellem Anlass, dass "den rumänischen Behörden derzeit keinerlei Informationen vorliegen, aus denen hervorginge, dass auf rumänischem Territorium CIA-Haftanstalten existierten oder dass rumänische Flughäfen von der CIA für den Häftlingstransport genutzt worden seien".

Im "Open-Society"-Bericht werden insgesamt 136 Häftlinge oder überstellte Verdächtige aufgezählt - die bisher umfassendste einschlägige Liste. Einer davon ist der derzeit in Guantanamo inhaftierte Abd al Rahim al Nashiri, in dessen Namen "Open Society" im August 2012 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage gegen Rumänien eingebracht hat. Laut dem Außenministerium sind in diesem Fall Ermittlungen im Gange, nachdem Al Nashiri im Juni 2012, ebenfalls über die Vermittlung der "Open Society", auch gegenüber den rumänischen Behörden eine Klage bezüglich seiner Inhaftierung in Rumänien eingebracht hatte. "Die kompetenten Behörden werden alle zur Lösung dieses Falls nötigen Maßnahmen treffen, unter völliger Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien und Menschenrechten", erklärte das Außenministerium.

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