Mit Scholz als Kanzler

Deutsche Regierung soll in zweiter Dezemberwoche stehen

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An erster Runde der Koalitionsverhandlungen nahmen neben Parteispitzen auch die drei Vorsitzenden der 22 Arbeitsgruppen teil.

Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen haben SPD, Grüne und FDP am Donnerstag den Zeitplan bis zur Regierungsbildung in Deutschland festgelegt. Danach soll in der Woche vom 6. Dezember der Kanzler gewählt werden. "Die Sondierungen haben uns Mut gemacht", sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing vor Beginn der ersten Gesprächsrunde in Berlin. Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sind optimistisch, den Zeitplan einzuhalten.

An der ersten Runde der Koalitionsverhandlungen nahmen neben den Parteispitzen auch die drei Vorsitzenden der insgesamt 22 Arbeitsgruppen zu den einzelnen Politikfeldern teil. Am Mittwoch kommender Woche sollen sie dann ihre Arbeit aufnehmen und bis zum 10. November Ergebnisse für die Haupt-Verhandlungsgruppe vorlegen. Klingbeil betonte: "Die Arbeitsgruppen haben den klaren Auftrag bekommen, dass Konflikte dort geklärt werden sollen." Kellner wies darauf hin, dass an den Beschlüssen des Sondierungspapiers der drei Parteien nicht mehr gerüttelt werde. "Da, wo wir Vereinbarungen getroffen haben, haben wir Vereinbarungen getroffen."

In der Haupt-Verhandlungsgruppe mit den Parteivorsitzenden und weiteren Spitzenpolitikern der drei Parteien sollen dann bis Ende November die noch offenen Fragen geklärt werden. Dazu dürften auch die Personalien gehören und die Frage, welche Partei welche Ministerien übernimmt. Der vereinbarte Koalitionsvertrag muss dann noch von den Gremien der drei Parteien abgesegnet werden. Die Grünen planen dazu eine Urabstimmung bei einer digitalen Mitgliederversammlung, und die FDP will einen Parteitag einberufen. Bei der SPD ist noch nicht abschließend geklärt, ob ein Parteitag oder eine Mitgliederbefragung entscheiden soll. Das will die Partei in ihren Gremien am kommenden Montag klären.

In ihrem Sondierungspapier vom vergangenen Freitag hatten sie SPD, Grüne und FDP bereits auf Eckpunkte eines Koalitionsvertrags geeinigt, die teilweise schon sehr konkret sind. So erteilten sie Erhöhungen der Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer sowie der Aufweichung der Schuldenbremse eine Absage. Stattdessen sollen die geplanten Investitionen für Klimaschutz und Digitalisierung weitgehend über Abschreibungsmodelle finanziert werden. Der Kohleausstieg soll "idealerweise" bereits 2030 erfolgen und nicht wie derzeit vorgesehen 2038. Beschlossen wurde zudem die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro und die Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Das von Grünen und SPD geforderte Tempolimit auf Autobahnen wird es nicht geben.

In der Finanz- und Klimapolitik werden allerdings noch die höchsten Hürden für den Abschluss eines Koalitionsvertrags gesehen. Grünen-Bundesgeschäftsführer Kellner betonte am Morgen im ZDF: "Wir wollen diese Investitionen schaffen für die Zukunft unseres Landes, und dazu werden wir alle Spielräume nutzen." Es gebe im Bundeshaushalt Spielräume, ebenso bei der Förderbank KfW und durch den Abbau umweltschädlicher Subventionen. Die KfW spiele bei der Förderung von klimagerechtem Bauen bereits eine wichtige Rolle. "Diese Punkte wollen wir verstärken."

Auch FDP-General Wissing nannte im ZDF die KfW als wichtiges Instrument. Er schränkte jedoch ein, die Schulden in Europa seien bereits hoch und es gebe auch Inflation. Deswegen gehe es vor allem darum, private Investitionen anzuschieben. "Die FDP orientiert sich bei den Gesprächen ausschließlich an dem, was in den Sondierungsvereinbarungen steht: keine Steuererhöhungen, kein Aufweichen der Schuldenbremse."

Nach einer am Donnerstag vom Bundesverband der deutschen Industrie BDI vorgelegten Studie sind in Deutschland Investitionen von 860 Milliarden Euro notwendig, um die Klimaziele für das Jahr 2030 zu erreichen. "Das klimaneutrale Industrieland gibt es nicht zum Nulltarif", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Der BDI hat die Machbarkeitsstudie in den vergangenen zwei Jahren zusammen mit der Beratungsfirma Boston Consulting Group (BCG) erstellt, rückgekoppelt mit Dutzenden Experten und Unternehmen. Ein gewaltiger Kraftakt sei nötig, sagte Russwurm. "Uns läuft die Zeit davon." Die nächste Regierung müsse dringend handeln. "Konkrete Entscheidungen sind überfällig."

 

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