Weg zur Unterzeichnung des Pakts auf europäischer Seite dürfte frei sein.
Die EU-Staaten haben dem Handelsabkommen CETA zugestimmt. Die EU sei nun zur Unterzeichnung des Abkommens mit Kanada bereit, teilte die EU-Ratspräsidentschaft am späten Freitagabend in Brüssel mit. Belgien hatte das Abkommen wegen des Widerstands aus der Wallonie nicht mittragen können und damit die für Donnerstag geplante Unterzeichnung platzen lassen.
Nachdem alle EU-Staaten dem Handelsabkommen mit Kanada (CETA) zugestimmt haben, soll dieses am 30. Oktober in Brüssel bei einem gemeinsamen Gipfel unterzeichnet werden. "Mission erfüllt. Habe mich gerade mit (dem kanadischen, Anm.) Premier Justin Trudeau darauf geeinigt, am Sonntag einen EU-Kanada-Gipfel abzuhalten", teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk am späten Freitagabend auf Twitter mit.
In Belgien segneten nämlich im Laufe des Freitags mehrere Regional- und Sprachparlamente CETA ab - so konnte am Ende auch die belgische Regierung zustimmen. Vor allem die Region Wallonie hatte sich bis zuletzt gegen CETA gestemmt.
Ohne das Einverständnis der gerade mal 3,6 Millionen Einwohner zählenden Region hätte die belgische Regierung die Unterzeichnung des Abkommens verweigern müssen. Dies hätte das Aus für das Handelsabkommen bedeuten können. Denn damit es in Kraft treten kann, müssen es alle 28 EU-Staaten unterzeichnen. Der Handelspakt soll Zölle und andere Hemmnisse abbauen und so Handel und Wirtschaft beflügeln.
Österreich hatte am Freitagvormittag seine Zustimmung zum adaptierten EU-Kanada-Freihandelabkommen CETA beim EU-Ministerrat in Brüssel deponiert. Damit wurde die Zustimmung zur Unterzeichnung durch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), zur vorläufigen Anwendung der Teile unter EU-Kompetenz sowie das Ersuchen um Zustimmung des EU-Parlaments hinterlegt, hieß es auf APA-Anfrage aus Regierungskreisen.
Zusatzerklärungen sollen Bedenken beseitigen
Den Bedenken der CETA-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und Garantien Rechnung getragen werden. So wird beispielsweise festgestellt, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgefordert werden, ein Gutachten zu den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Staaten zu erstellen.
Im wallonischen Parlament feierte der Regierungschef der Region, Paul Magnette, die Zugeständnisse. CETA sei nun ein "besserer Vertrag" und das wallonische Regionalparlament in aller Welt berühmt, erklärte er.
Der slowakische Regierungschef Robert Fico, dessen Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten hat, lobte CETA als "Meilenstein der EU-Handelspolitik". CETA sei ein "modernes und fortschrittliches Abkommen, das die Tür für neue Möglichkeiten öffnet und gleichzeitig wichtige Interessen schützt". Im Handel zwischen der EU und Kanada soll CETA nach EU-Angaben 99 Prozent der aktuellen Zölle abschaffen.
Europa scher handlungsfähig
Das Debakel löste in Brüssel Nachdenken über die künftige Gestaltung der Handelspolitik aus. Er sehe "alle Vorbehalte bestätigt, dass Europa schwer handlungsfähig wäre", sagte der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger dem Deutschlandfunk. Eine "Entflechtung der Kompetenzen" von europäischer und nationaler Ebene sei notwendig.
Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker pochte auf eine klare Trennung der Zuständigkeiten: "Wir werden uns in Zukunft überlegen müssen, (...) dass wir ab Tag eins fein säuberlich trennen, was in europäische Zuständigkeit fällt und was nationalen Parlamenten überlassen sein muss."
Die deutsche Bundesregierung hob am Freitag die wirtschaftlichen Vorteile des Freihandelsabkommens hervor. Der Pakt der EU mit Kanada sichere und schaffe viele Arbeitsplätze, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Er stehe für einen Welthandel mit nachhaltigen Regeln und hohen Sozial- und Umweltstandards.
Bevor CETA in Kraft treten kann, ist zunächst noch das Europaparlament am Zug. Das Plenum dürfte im Dezember oder Januar über das Abkommen abstimmen, eine Mehrheit wird erwartet. Danach müssen die nationalen Parlamente CETA billigen. Unklar ist nach Angaben von Experten, in welcher Form dabei in Deutschland neben dem Bundestag auch der Bundesrat beteiligt wird. Wichtig für diese Frage ist, ob Kompetenzen der Länder betroffen sind.
Linke versuchten Abkommen zu verhindern
Die Linke im deutschen Bundestag versuchte indes am Freitag, CETA zu verhindern. Eigentlich wollte die Fraktion beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem Eilantrag erwirken, dass Deutschland am Freitag nicht zustimmen konnte. Dies hat offenbar nicht funktioniert.
Allerdings hat die Linke auch einen Hilfsantrag gestellt. In diesem Fall sollen die Verfassungsrichter die deutsche Bundesregierung verpflichten, CETA zu einem späteren Zeitpunkt zu blockieren, nämlich bevor Kanada über die Zustimmung des EU-Parlaments unterrichtet wird.