Viele Wähler unentschlossen

Israel-Parlamentswahl: Netanyahu in letzten Umfragen der Favorit

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Wenige Tage vor der Parlamentswahl in Israel sind viele Wähler noch unentschlossen.

Wenige Tage vor der Parlamentswahl in Israel sagen die letzten Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanyahus konservativer Likud-Partei und dem Zentrumsbündnis Blau-Weiß voraus. So sieht etwa eine Umfrage für die Tageszeitung "Jerusalem Post" vom Freitag Blau-Weiß mit 28 der 120 Sitze in der Knesset vor der Likud-Partei mit 27 Sitzen.
 
Allerdings räumt sie Netanyahu bessere Chancen ein, die nächste Regierung bilden zu können. Der Umfrage zufolge würden rechte und Mitte-rechts-Parteien bei der Wahl am Dienstag auf 68 Sitze kommen, während das Mitte-links-Lager zusammen nur auf 52 Sitze käme. In vier von fünf Umfragen, die am Donnerstag und Freitag veröffentlicht wurden, liegen die Blau-Weißen von Benny Gantz vorne. Der ehemalige Generalstabschef ist ein Neuling in der Politik und Netanyahus Hauptkonkurrent.
 
Die große Unbekannte sind die unentschlossenen Wähler: Sie könnten das Wahlergebnis noch entscheidend beeinflussen. Einer Umfrage für die Tageszeitung "Israel Hajom" zufolge haben 35 Prozent der Befragten noch nicht entschieden, wen sie wählen wollen. "Frühere Wahlen haben gezeigt, dass fast einer von sechs bis sieben Wählern sich erst zwei Tage vor der Wahl entscheidet", schrieb die Tageszeitung "Maariv" am Freitag.
 
Rund 6,3 Millionen Israelis sind am Dienstag aufgerufen, die 120 Abgeordneten der Knesset zu wählen. Von sieben Uhr morgens (Ortszeit, 06.00 Uhr MESZ) bis zehn Uhr abends sind die Wahllokale geöffnet.
 
Hunderte Kandidaten auf insgesamt 45 Listen treten zur Parlamentswahl an. Doch für die 120 Sitze in der Knesset kommen nur wenige Parteien in Frage. Etwa die Hälfte wird voraussichtlich an der 3,25-Prozent-Hürde scheitern.
 
Nach der Wahl wird Präsident Reuven Rivlin eine oder einen Abgeordneten mit der Regierungsbildung beauftragen. Das muss nicht zwangsläufig der Vorsitzende der stärksten Partei sein, was Netanyahu in die Karten spielen könnte. 2009 hatte Präsident Shimon Peres Netanyahu beauftragt, eine Regierungskoalition zu formen, obwohl die Kadima-Partei von Zipi Livni die meisten Sitze erreicht hatte.
 
Die jetzige Wahl kommt auch einem Referendum für oder gegen Netanyahu gleich. Der 69-Jährige ist seit 13 Jahren an der Macht und strebt eine fünfte Amtszeit an. Sollte ihm das gelingen, könnte er Mitte Juli den Amts-Rekord von Staatsgründer David Ben-Gurion brechen. Doch Netanyahu droht wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe eine Anklage. Mitten im Wahlkampf kündigte Israels Generalstaatsanwalt an, den Regierungschef wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs in drei Fällen anzuklagen.
 
Die israelische Polizei ermittelt in drei unterschiedlichen Fällen gegen Netanyahu. Zum einen soll er der Telekommunikationsfirma Bezek Vorteile bei der Regulierung gewährt haben, damit die vom selben Chef geführte Nachrichten-Website "Walla" positiv über ihn berichtet.
 
Außerdem soll sich Netanyahu um eine geheime Absprache mit der israelischen Zeitung "Yediot Ahronot" bemüht haben. Dabei soll er ein Gesetz, das die Verbreitung eines Konkurrenten der Zeitung eingedämmt hätte, im Gegenzug für positive Berichterstattung angeboten haben.
 
Im dritten Fall geht es darum, dass Netanyahu und seine Angehörigen von reichen Persönlichkeiten Luxusgeschenke für finanzielle und persönliche Gefallen erhalten haben sollen.
 
Netanyahu rief in den vergangenen Tagen seine Anhänger immer wieder auf, zur Wahl zu gehen und den Sieg der Likud-Partei nicht als selbstverständlich anzusehen. Die Wahlbeteiligung bei der vergangenen Wahl im Jahr 2015 lag bei 72,3 Prozent.
 
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