Knappes Rennen war erwartet worden.
Ottawa. Die Liberalen von Premierminister Justin Trudeau sind bei der Parlamentswahl in Kanada laut Prognosen erneut stärkste Kraft geworden. Die Partei werde die meisten Sitze im Parlament bekommen, prognostizierte der öffentliche TV-Sender CBC am Montag (Ortszeit). Sie verloren aber ihre absolute Mehrheit.
Trudeau müsste demnach eine Minderheitsregierung bilden. Dazu brauchen die Liberalen die Duldung durch kleinere Parteien.
Schon im Vorfeld hatte sich ein knappes Rennen zwischen Trudeau und seinem konservativem Herausforderer Andrew Scheer abgezeichnet. Rund 27 Millionen Bürger waren in dem G-7-Land dazu aufgerufen, neue Abgeordnete zu wählen. Die Abgeordneten werden per Direktwahl nach dem Mehrheitsprinzip gewählt. 2015 hatten Trudeaus Liberale 184 Sitze im Parlament gewonnen und seitdem mit dieser absoluten Mehrheit regiert.
Durchwachsene Bilanz
Die Bilanz der liberalen Regierung nach vier Jahren ist durchwachsen. Zwar hat er wie versprochen Marihuana legalisiert und mehr als 25.000 syrische Flüchtlinge im Land aufgenommen. Einige seiner Wahlversprechen wie eine Wahlrechtsreform oder ein ausgeglichenes Budget bis 2019 konnte er aber nicht halten.
Zudem erregte Trudeau in den vergangenen Monaten mit Skandalen Aufmerksamkeit. Zunächst wurde bekannt, dass er Ermittlungen gegen ein kanadisches Unternehmen wegen Bestechung in Libyen unterdrücken wollte - eine Ethik-Kommission bescheinigte ihm falsches Verhalten. Später tauchte ein altes Foto von ihm auf, das ihn vor 20 Jahren mit dunkel geschminktem Gesicht - verkleidet als Aladdin - auf einer Party zeigte. Der Ministerpräsident entschuldigte sich für sein "rassistisches" Verhalten.
Scheer beschuldigte Trudeau auch deshalb, das kanadische Volk über sein wahres Wesen zu täuschen und beschimpfte ihn als "Betrüger". Ein großes Thema im Wahlkampf war auch der Kampf gegen die Klimakrise: Während die Konservativen ankündigten, Trudeaus CO2-Steuer zurückdrehen zu wollen, musste die Regierung von links viel Kritik dafür einstecken, dass die Maßnahmen angeblich nicht weit genug gingen.