Nach Überarbeitung des US-Friedensplans für die Ukraine wirbt Präsident Wolodymyr Selenskyj in Europa um Unterstützung auf dem Weg zu einem Ende des russischen Angriffskrieges.
In Rom traf der ukrainische Staatschef zunächst Papst Leo XIV., am Nachmittag führte er Gespräche mit Italiens Regierungschefin Georgia Meloni. Es wird gespannt auf eine US-Reaktion auf die überarbeitete Version des ehemals 28 Punkte umfassenden Friedensplans von US-Präsident Donald Trump gewartet.
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Ukraine-feindliche Positionen gestrichen
Der deutlich abgeänderte Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs soll nach Angaben aus Kiew in Kürze an Washington übermittelt werden. Der von der US-Regierung ausgearbeitete Friedensplan sei inzwischen von 28 auf 20 Punkte gekürzt worden, teilte Selenskyj ukrainischen Journalisten mit. "Die offen Ukraine-feindlichen Positionen wurden herausgenommen." Der deutsche Außenminister Johann Wadephul äußerte sich angesichts russischer Forderungen nach Gebietsabtretungen skeptisch über die Erfolgsaussichten der aktuellen Verhandlungen.
Der ewige Friedens-Poker verzögert sich
"Wir arbeiten auf der Ebene unserer Berater, heute und morgen. Ich denke, dass wir ihn morgen übergeben", sagte Selenskyj, wie der öffentlich-rechtliche Sender Suspilne am Abend meldete. Es gebe dabei ein Rahmendokument aus 20 Punkten, "das ständig geändert wird", ein Dokument zu Sicherheitsgarantien und ein drittes Papier zum Wiederaufbau. "Das wird wirksam, wenn der Krieg endet oder ein Waffenstillstand erreicht wird", sagte Selenskyj.
Zugleich sprach der Präsident Russland jeglichen Friedenswillen ab. "Was Russland anbelangt, so sehen wir nur ihre Angriffe. Angriffe auf Energieanlagen. Die Menschen sind ohne Strom", sagte der Staatschef. Diese Angriffe auf die kritische Infrastruktur würden belegen, dass Russland nicht am Friedensprozess interessiert sei.
Selenskyj traf am Dienstag in Rom den Papst und Meloni. Das Treffen zwischen dem Papst und Selenskyj in der Villa Barberini dauerte circa 30 Minuten. Danach zeigten sich die beiden am Balkon der Villa und grüßten die vor dem Eingang der Sommerresidenz versammelten Medienleute.
Papst ruft zu Friedensgesprächen auf
"Während des herzlichen Gesprächs, das sich vor allem um den Krieg in der Ukraine drehte, bekräftigte der Heilige Vater die Notwendigkeit, den Dialog fortzusetzen, und äußerte die Hoffnung, dass die laufenden diplomatischen Initiativen zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führen können", teilte der Vatikan im Anschluss mit. "Außerdem wurde auf die Frage der Kriegsgefangenen und auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Rückkehr der ukrainischen Kinder zu ihren Familien sicherzustellen."
Selenskyj und Leo XIV. hatten sich bereits am 9. Juli in der Villa Barberini getroffen. Das Treffen am heutigen Dienstag ist das dritte insgesamt und das zweite persönliche Gespräch zwischen dem ukrainischen Präsidenten und dem Pontifex. Das erste Treffen hatte im Rahmen der Amtseinführungsmesse von Leo XIV. am 18. Mai stattgefunden. Das zweite war am 9. Juli in Castel Gandolfo, wo es zum ersten echten direkten Gespräch unter vier Augen gekommen war.
Nach dem Gespräch mit dem Pontifex traf Selenskyj Premierministerin Meloni im Regierungssitz Palazzo Chigi. Der ukrainische Präsident erklärte nach dem Treffen, er habe in Rom ein "hervorragendes Gespräch" mit Meloni geführt. "Wir schätzen Italiens aktive Rolle bei der Entwicklung konkreter Ideen und der Festlegung von Maßnahmen, die den Frieden näherbringen sollen. Ich habe Meloni über die Arbeit unseres Verhandlungsteams informiert, und wir koordinieren unsere diplomatischen Bemühungen. Wir zählen sehr auf die Unterstützung Italiens - sie ist von großer Bedeutung für die Ukraine", so Selenskyj auf X.
Suche nach Rückhalt in Europa
Zuvor hatte Selenskyj die Spitzen von EU und NATO über den Stand der Gespräche mit den USA zu einer möglichen Friedenslösung im Krieg seines Landes gegen Russland informiert. "Unsere Positionen sind in allen Fragen aufeinander abgestimmt. Wir handeln koordiniert und konstruktiv", postete er auf X. Neben NATO-Generalsekretär Mark Rutte hatte er sich auch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa getroffen.
Davor wiederum hatte Selenskyj in London Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs der E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) geführt. Nach diesem Treffen teilte er mit, Gebietsabtretungen an Russland - ein zentraler Punkt aus dem US-Plan für ein Ende des Ukraine-Kriegs - kämen für ihn nach wie vor nicht infrage. Eine überarbeitete Fassung des Plans soll Selenskyj zufolge bis diesen Dienstag an Washington übermittelt werden.
Von der Leyen schrieb nach dem Austausch mit dem Ukrainer: "Das Ziel ist eine starke Ukraine, sowohl auf dem Schlachtfeld als auch am Verhandlungstisch." Ähnlich äußerte sich Costa, der bekräftigte: "Die Sicherheit der Ukraine muss langfristig als erste Verteidigungslinie für unsere Union gewährleistet sein." Rutte sprach von guten Gesprächen auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden.