Haben genug gelitten

Trump nennt Kapitol-Stürmer "Geiseln"

Teilen

In einer Wahlkampfrede im US-Staat Iowa hat der ehemalige US-Präsident Donald Trump die Freilassung der Inhaftierten gefordert, die für die Erstürmung des US-Kapitols 2021 verurteilt worden sind. 

 "Sie haben genug gelitten", sagte Trump vor mehr als tausend Anhängern in einer Schulsporthalle in Clinton am Samstag (Ortszeit), dem dritten Jahrestag des Sturms auf das Kapitol. "Ich nenne sie Geiseln. Manche Leute nennen sie Gefangene."

Am 6. Jänner 2021 hatten radikale Anhänger des damals noch amtierenden Präsidenten den Sitz des US-Kongresses angegriffen, nachdem dieser sie aufgerufen hatte, dorthin zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen. Mehr als 1.200 Personen wurden wegen ihrer Beteiligung an den Ausschreitungen angeklagt, und mehr als 900 haben sich entweder schuldig bekannt oder wurden nach einem Prozess verurteilt.

Trotz einer vom Obersten Gerichtshof des Landes angesetzten Anhörung zu einem möglichen Vorwahl-Ausschluss gab sich Trump siegessicher: Er werde bei der Präsidentschaftswahl im November "zum dritten Mal gewinnen", sagte Trump am Samstag - eine Anspielung auf seine vielfach widerlegte Behauptung, die Wahl 2020 sei ihm durch massiven Betrug gestohlen worden. Der Supreme Court hatte zuvor angekündigt, sich Anfang Februar mit dem Ausschluss Trumps von der Vorwahl in Colorado zu befassen.

Frontal-Angriff auf Biden

In seiner zweistündigen Rede vor Anhängern in Newton warf Trump dem derzeitigen demokratischen Präsidenten Joe Biden vor, für wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich zu sein und die russische Invasion der Ukraine nicht verhindert zu haben. "Ich hätte Putin definitiv gestoppt", sagte Trump. Bei einer Wiederwahl Bidens drohe der "Dritte Weltkrieg", sagte Trump und ergänzte: "Das ist unsere letzte Chance, Amerika zu retten."

Trump wurde wegen seiner Versuche, nach der Präsidentschaftswahl 2020 das Ergebnis zu kippen, zwei Mal angeklagt, von der Bundesjustiz sowie im Bundesstaat Georgia. Die Prozesse könnten in den kommenden Monaten und somit inmitten des Wahlkampfes beginnen. Trump sieht sich zudem mit weiteren Anklagen konfrontiert.

Im Dezember hatte das Oberste Gericht von Colorado zudem entschieden, dass der Rechtspopulist wegen seiner Rolle bei der Kapitol-Erstürmung nicht bei der Abstimmung der Republikaner in diesem Bundesstaat über ihren Präsidentschaftskandidaten antreten darf. Daraufhin hatte Trump das Oberste Gericht in Washington angerufen.

Der Supreme Court kündigte nun am Freitag eine mündliche Anhörung für den 8. Februar an. Der Entscheidung des Obersten Gerichts kommt weitreichende Bedeutung für die Vorwahlen zu. Denn auch in anderen Bundesstaaten gibt es Bestrebungen, Trump von den Vorwahlen zu verbannen.

So entschied im Bundesstaat Maine die Wahlleiterin, dass der Ex-Präsident dort nicht antreten darf. Auch gegen diese Entscheidung gingen Trumps Anwälte vor, allerdings zunächst beim Obersten Gericht dieses Bundesstaats. Auch in anderen Bundesstaaten waren Verfahren eingeleitet worden, um Trump von den Vorwahlen auszuschließen. In Michigan und Minnesota wurde dies jedoch abgelehnt.

Das erwartete Urteil des Supreme Court in Washington zu Colorado hätte landesweit verbindliche Gültigkeit. Der Supreme Court in Washington ist mehrheitlich mit konservativen Richtern besetzt.

Seine juristischen Verstrickungen haben Trump im Präsidentschaftsrennen bisher nicht geschadet. Er ist im Rennen um die Kandidatur der Republikaner der haushohe Favorit und führt die Umfragen mit großem Vorsprung vor seinen sechs parteiinternen Konkurrenten an. Die Republikaner-Vorwahlen beginnen am 15. Jänner in Iowa.

Der Sieger wird bei der Präsidentschaftswahl am 5. November gegen Amtsinhaber Biden antreten. Zwar gibt es auch bei dessen Demokraten Vorwahlen. Da der 81-Jährige keine ernsthafte Konkurrenz hat, steht er als Präsidentschaftskandidat jedoch bereits so gut wie fest.

Biden hatte Trump am Freitag in scharfen Worten attackiert. In einer Rede warf der Demokrat dem Rechtspopulisten vor, Nazi-Rhetorik zu verwenden und eine Gefahr für die Demokratie darzustellen. "Er ist bereit, unsere Demokratie zu opfern, um an die Macht zu gelangen", sagte Biden.

"Er nennt diejenigen, die gegen ihn sind, Ungeziefer", sagte der 81-Jährige mit Blick auf Trump. "Er spricht davon, dass das Blut von Amerikanern (durch Migranten) vergiftet wird, und wiederholt exakt dieselbe Sprache, die in Nazi-Deutschland verwendet wurde."

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.