Diplomatie

Ukraine lässt Timoschenko ausreisen

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Damit ist der Weg für ein Assoziierungsabkommenmit der EU frei.

Seit zwei Jahren schon sitzt die frühere ukrainische Regierungschefin und Oppositionsführerin Julia Timoschenko wegen Amtsmissbrauchs hinter Gittern. Ebenso lange bemüht sich der Westen um die Freilassung der 52-Jährigen, deren Verurteilung die EU als politisch motiviert kritisiert und die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im April als "ungesetzlich und willkürlich" verurteilt hat. Nun aber kommt offenbar Bewegung in ihren Fall.

Präsident Viktor Janukowitsch gab am Donnerstag bekannt, dass im Parlament ein Gesetz auf den Weg gebracht werde, das Timoschenko die Ausreise ins Ausland erlaubt. "Wenn das Parlament das Gesetz annimmt, werde ich es natürlich unterzeichnen", sagte Janukowitsch. Gesandte des EU-Parlaments hatten Anfang Oktober ihre Begnadigung beantragt.

Kiew steht unter Druck: Die EU hat die Freilassung der Politikerin zur Bedingung für die geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU gemacht. Im Westen gilt ihr Fall als Symbol für die politisch motivierte Justiz in der Ukraine. Schon ihre Verurteilung im Oktober 2011 zu sieben Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit Gas-Verträgen mit Russland war auf breite Kritik gestoßen. Seitdem sorgte ihr Fall immer wieder für Schlagzeilen.

Im Schlaglicht standen dabei vor allem ihre Haftbedingungen. Timoschenko kritisierte, dass sie trotz eines schweren Bandscheibenvorfalls nicht angemessen behandelt werde und ihr Schmerzmittel vorenthalten würden. Ihre Familie bezeichnete den Umgang der Behörden mit ihr als "Folter". Ärzte der Berliner Charite erklärten nach eine Untersuchung Timoschenkos im Februar 2012 im Gefängnis von Charkiw, in der Strafanstalt sei die erforderliche Therapie nicht möglich.

Bis zu ihrer Inhaftierung war Timoschenko jahrelang eine zentrale Figur der ukrainischen Politik. Im November 1960 in der Industriestadt Dnepropetrowsk geboren, zog Timoschenko erstmals 1997 ins Parlament ein. Zwei Jahre später wurde sie Stellvertreterin des damaligen Regierungschefs Viktor Juschtschenko. Nach Vorwürfen des Betrugs bei der Präsidentenwahl 2004, die Janukowitsch offiziellen Angaben zufolge gegen Juschtschenko gewann, wurde sie zu einer Wortführerin der Proteste während der "Orangenen Revolution".

Nachdem der Wahlsieg Juschtschenkos schließlich anerkannt worden war, wurde Timoschenko im Februar seine Regierungschefin. Doch kaum an der Macht kam es zum Zerwürfnis zwischen den beiden Galionsfiguren des Volksaufstandes. Deutlich radikaler in ihren Einstellungen, wurde die Frau mit dem markanten Haarkranz von Anhängern und Gegnern als "einziger Mann" im Regierungsteam bezeichnet. Sie arbeitete viel und schlief angeblich im Büro - fand aber auch Zeit, für ein Titelbild der "Elle" zu posieren.

Als die Allianz mit Juschtschenko nach sieben Monaten zerbrach, wurde Timoschenko vom Posten der Regierungschefin entlassen. Doch 2007 gelang ihr das Comeback, als sie mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme nach der Parlamentswahl zur Regierungschefin gewählt wurde. Im Februar 2010 verlor Timoschenko jedoch die Präsidentschaftswahl gegen Janukowitsch. Dieser ließ sie im Juni 2011 vor Gericht stellen, wo sie schließlich zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.

Nach ihrer Inhaftierung machte Timoschenko mit Hungerstreiks und Protesten von sich reden und sorgte gemeinsam mit ihrer Tochter Jewgenija dafür, dass ihr Schicksal nicht in Vergessenheit geriet. Die deutsche Regierung bietet an, Timoschenko in Berlin zu behandeln. Doch auch wenn die Freiheit in greifbare Nähe rückt, steht eine Rückkehr in die Politik nicht direkt bevor: Eine Teilnahme an der Präsidentenwahl 2015 bleibt Timoschenko weiterhin verboten.

Diashow Julia Timoschenko in Gefängnis in Ukraine geschlagen

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