Nach Erdbeben

Ermittlungen wegen mieser Bauqualität

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Zahlreiche öffentliche Gebäude waren eingestürtzt, auch jüngere. Nun ermittelt die Justiz, ob Bauregeln in Bebengebieten ignoriert wurden.

Die Staatsanwaltschaft der Abruzzen-Hauptstadt L'Aquila hat eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob Missachtung der Bauregeln für den Einsturz öffentlicher Gebäude beim Erdbeben vom Montag mit verantwortlich sein können. Experten werden in der kommenden Woche mit der Überprüfung eingestürzten Gebäuden beginnen, teilten die Justizbehörden nach Medienangaben vom Samstag mit.

In L'Aquila wurden unter anderem das Krankenhaus und der Justizpalast schwer beschädigt. Beim Einsturz eines Studentenheims kamen mehrere Jugendliche ums Leben. "Wir müssen wissen, warum diese Gebäude so eingestürzt sind", verlangte der Bürgermeister L'Aquilas Massimo Cialente.

In Italien tobt ein scharfer Streit über die unzureichende Bauqualität der Gebäude nach dem katastrophalen Erdbeben in den Abruzzen, zumal auch zahlreiche jüngere Gebäude eingestürzt sind. Öl ins Feuer schüttete am Donnerstag der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano, der die verwüstete Abruzzen-Hauptstadt besuchte. Angesichts der Tragödie müsse man einsehen, dass es viel Verantwortungslosigkeit in Bezug auf missachtete Bauregeln gebe. "Niemand ist ohne Schuld", betonte Napolitano.

Bauregeln ignoriert?
"Wir müssen uns ehrlich fragen, wie es möglich ist, dass die Bauregeln in Bebengebieten ignoriert worden sind. Niemand sollte die Augen schließen, weder die Baugesellschaften, noch diejenigen, die für die Kontrollen zuständig sind", sagte Napolitano.

Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi versicherte, dass Untersuchungen eingeleitet wurden. "Wenn es Verantwortliche gibt, werden wir es feststellen. Es gibt Staatsanwälte, die diesbezüglich ermitteln. Ich persönlich habe feststellen können, dass viele Gebäuden den Baustandards ihrer Epoche entsprechen", sagte Berlusconi bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Rom.

Die schlechte Bauqualität der Gebäude in Gebieten mit erhöhtem Erdbeben-Risiko ist seit jeher ein Problem in Italien. "In den Abruzzen sind fast alle Gebäude eingestürzt, obwohl das Erdbeben nicht so extrem stark war", meinte der prominente Vulkanologe Enzo Boschi, Präsident von Italiens Geophysik-Institut.

Inzwischen stieg die Bilanz der Opfer auf 291, nachdem am Samstag die Leiche einer Frau aus den Trümmern geborgen wurden. Am Samstag wurden erneut einige Nachbeben gemeldet.

Opferzahl auf 292 gestiegen
Fünf Tage nach dem Erdbeben in Italien ist die Zahl der Toten am Samstag auf 292 gestiegen. Zuletzt wurde die Leiche einer 40-jährigen Frau aus den Trümmern geborgen. Am Vormittag war die Leiche einer 70-jährigen Frau geborgen worden. Die Hoffnung, Überlebende zu finden, ist äußerst gering. Die Suche nach Vermissten soll bis Sonntag fortgesetzt werden, berichteten die Rettungseinheiten. Alle Leichen konnten identifiziert werden.

Monatlich 400 Euro für Obdachlosen-Familien
Die Regierung Berlusconi teilte mit, dass jede Obdachlosen-Familie einen monatlichen Beitrag von 400 Euro erhalten wird, wenn sie aus vier Personen besteht. Auch Familien mit Behinderten und Pensionisten werden den Beitrag erhalten. Hinzu will die Regierung Förderungen für Familien gewähren, die sich ihre Wohnung selbst renovieren. Auf diese Weise hofft die Regierung, dass die Wiederaufbauarbeiten zügiger voranschreiten werden.

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