Singapur

Sterbender führte Video-Blog über seine letzten Tage

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In Singapur sorgt ein Video-Blog im Internet über die letzten Tage eines Sterbenden für Aufregung.

Mohammad Abdooh ist 46 und Lungenkrebs im Endstadium. „Manche Tage sind ganz gut“, dann erzählt er lachend von seinem Hühnerstand auf einem Markt in Singapur und von den „schwierigen Kunden, die immer bis zum letzten um den Preis feilschen wollen“. "Dann lächele ich sie an. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht bin ich immer ein Gewinner", sagt Abdooh, als stünde er noch immer jeden Tag an seinem Stand. Eine große Fangemeinde verfolgt die Weisheiten des Sterbenden. Abdooh stirbt nämlich sozusagen in aller Öffentlichkeit.

Begleitung bei der letzten Reise
Begonnen hat der Hype um den Video-Blog des Sterbenden mit einer TV-Show: "Komm mit auf meine letzte Reise", ermunterte der Mann die Fernsehzuschauer in Singapur im Oktober. Seitdem kann jeder im Internet die letzten Tage von Abdooh mitverfolgen. Mit seinen großen blinden Augen blickt er im Video-Blog in die Kamera und spricht von Liebe und Leben. Die Zuschauer, die ihm auf der Webseite lifebeforedeath.org.sg schreiben, sind meist zutiefst bewegt.

PR-Videoblog als TV-Serie
Das Videoblog eines Sterbenden war die Idee der Singapurer Hospizbewegung. Sie möchte die Arbeit bekannter machen, die überwiegend Freiwillige für unheilbar Kranke anbieten, sagt Seet Ai Mee. Die Biochemikerin hat 1992 das erste konfessionell nicht gebundene Hospiz in Singapur gegründet. Heute leitet sie einen kostenlosen Pflegeservice für Kranke, die zu Hause sterben möchten. Eine Umfrage im vergangenen Jahr zeigte, dass 65 Prozent der Menschen keine Ahnung hatten, was Hospize überhaupt bieten.

Seit Beginn der Kampagne im Oktober starrt der "Tod" den Singapurern aus Zeitungsanzeigen und von Reklametafeln an Bushaltestellen ins Gesicht. "Der Tod, eine benutzerfreundliche Anleitung", heißt es darauf provokativ. Oder "Hi, ich habe Lungenkrebs. Tipps für Unterhaltungen mit Sterbenskranken".

Plakat-Tipps fürs Lebensende
"Was würdest Du machen, wenn Du nur noch sechs Monate zu leben hättest?" heißt es auf einem weiteren Plakat. Und dann kommen die Vorschläge: "Zieh Lila mit Neongrün an, auch wenn es nicht zusammenpasst", "Tanz Cha-Cha-Cha auf der Straße", aber auch: "Plane Deine Beerdigung.

"Der Tod gilt immer noch als Tabuthema, etwas, dem man am besten aus dem Weg geht", sagt Seet.

Genuss der öffentlichen Aufmerksamkeit
Abdooh zelebriert den Abschied von seiner Familie und genießt nach Angaben von Seet seinen Moment in der Öffentlichkeit. Wenn er im Video-Blog von seiner Frau erzählt, wird seine Stimme ganz warm, und die blinden Augen leuchten. "Ich wache jeden Tag in der Hoffnung auf, einen weiteren Tag mit ihr verleben zu dürfen ", sagt er. Und dann kommt er wieder auf seinen Hühnerstand zu sprechen, den seine Frau inzwischen übernommen hat: "Und wenn ich doch von dieser Krankheit geheilt werden sollte, dann machen wir einen zweiten auf" , sagt er.

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