"Das ist Krieg"

Todesschütze kündigte Amoklauf in Video an

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Sebastian B. hat am Vorabend seines Amoklaufs in Emsdetten zu Hause ein Video gedreht, in dem er die Tat ankündigt.

Emsdetten, einige Tage vor dem erschütternden Amoklauf an der "Geschwister Scholl"-Schule. Bastian B. ist in der elterlichen Wohnung. Er hat sich dazu entschlossen, am Tag darauf Schulkinder seiner ehemaligen Schule hinzurichten (was ihm gottlob nicht glücken sollte). Der 18-Jährige ist bekleidet mit einem schwarzen T-Shirt und stellt sich vor eine Videokamera.

In einem tadellosen Englisch legt er los. Spricht über das, was ihn schon lange bedrückt. Über seine Ängste und Komplexe. Er kündigt den Alptraum an, den er am nächsten Tag Wahrheit werden lassen will.

In dem Videofilm sagt der 18-Jährige, "Seit der 1. Klasse haben die Leute mich gehänselt, und ich war ein Verlierer ". Er sei getreten und bespuckt worden:

"Ich wollte Klamotten haben mit dem Logo drauf, in großen Buchstaben. Aber all dieser Fuck änderte sich dann 2003 und 2004. Ich fand heraus, dass es mehr gibt im Leben als diesen Konsum-Scheiß („consuming fuck“) oder Hip-Hop. Ich war nie heiß auf Hip-Hop-Musik, glaubt das bloß nicht !!!

Immer wieder klopft Bastian sich mit dem Finger auf die Brust. Dazwischen hört man immer wieder "fucking". Und immer wieder betont Bastian B., dass es sein Leben ist und er damit machen kann, was er will.

Von sich selbst sagt er: "Ich änderte mein Leben, war kein Mensch mehr, ich wurde göttlich. Ich habe angefangen, das Massaker an der Geschwister-Scholl-Schule zu planen. Ich will alle töten, weil sie in mein Leben eingegriffen haben. Das Leben war schön, bis ich in die Schule kam.“ Und weiter: "Ich habe das Massaker geplant und wollte alle töten."

Er begründet den Amoklauf mit den Worten:
"Es gibt zwei Hauptgründe für das Massaker: Erster Grund: Die Schule, die Lehrer, die Mitschüler. Alles in dem Scheiß-Gebäude. Zweiter Grund: die Politik. Ich will Anarchie. Das ist das Einzige, wo du wirklich, wirklich frei bist. Lässt sich auch über Angela Merkel aus.

"Das ist Krieg"
Das Video endet mit den Sätzen: "ES WÄRE BESSER, WENN IHR MONTAG RENNEN WÜRDET!!! Denn ich habe ein Gewehr, ich habe Bomben, ich habe Molotow-Cocktails. IHR SEID IM KRIEG! DAS IST KRIEG!" Er geht ganz nah an die Kamera heran, man sieht nur noch seinen Mund, seinen Hals.

Am Tatmorgen verschickt er den Film an Freunde. Psychologen sagen, der 18-Jährige hat mit diesem Video bewusst Spuren hinterlassen, um sich nach seinem Selbstmord öffentlich zu rechtfertigen.

Todesliste mit Namen erstellt
Außerdem verschickte er eine Todesliste, in der er die Namen von zwölf Mitschülern und angeblich auch Lehrern, angelegt unter dem Namen „Primäre Personenziele“ auflistete. Er hatte die Namen in sein Tagebuch geschrieben, das er nur wenige Stunden vor der Tat gescannt und an Mitschüler verschickt hatte. Bis aus zwei Namen waren alle wieder durchgestrichen worden.

Immer mehr Details
Inzwischen kommen - wenige Tage nach dem Amoklauf in der deutschen Schule, bei dem 37 Menschen verletzt wurden - immer mehr Details über den Täter zutage. So brachte er sich nach der Bluttat durch einen Schuss in den Mund mit einer 15-Millimeter-Vorderladerwaffe selbst um. Wäre die Polizei nicht so rasch eingeschritten, wäre die Tat für die 700 Schüler weit schlimmer ausgegangen. Ermittler befürchten, der Täter hätte versucht, einige Schüler in seine Gewalt zu bringen.

Täter plante viel mehr Tote
Bastian B. schoss in der Schule mit zwei Vorderladerwaffen und einer Kleinkaliberpistole wild um sich. Er hatte aber offensichtlich einen noch viel blutigeren Amoklauf vor: Am Körper trug der 18-Jährige drei selbstgebaute Rohrbomben, in seinem Rucksack befanden sich fünf weitere. Unweit der Schule parkte Bastian B. seinen Opel. Darin fanden die Ermittler noch vier selbstgebastelte Bomben, drei Molotow-Cocktails und eine Machete.

Waffen über das Internet bestellt
Im Juli hatte die Polizei ihm eine Waffe abgenommen. Deswegen hätte er sich gestern Dienstag vor dem Jugendrichter verantworten müssen. Nach Angaben des zuständigen Einsatzleiters der Polizei verfügte der 18-Jährige noch immer über einen sogenannten „Kleinen Waffenschein“. Seine Waffen besorgte er sich beim Internetanbieter eGun. Seit März 2003 war Bastian B. als „ResistantX“ dort angemeldet. Er kaufte insgesamt zehnmal bei eGun ein, erstmals im März vergangenen Jahres. Vor zwei Wochen bestellte er plötzlich neun Waffen auf ein Mal.

Mörder von Littleton verehrt
Bastian B. hat die Täter des Schulmassakers von Littleton im US-Staat Colorado verehrt. "Eric Harris ist Gott", schrieb er in sein Tagebuch. Harris und ein Mittäter hatten am 20. April 1999 in der Columbine High School 13 Menschen und danach sich selbst getötet. "Es ist erschreckend, wie ähnlich Eric mir war ", wurde der Emsdettener zitiert. Harris war zur Tatzeit ebenfalls 18 Jahre alt. Der Amokläufer verbrannte in der Nacht vor der Tat die Aufzeichnungen, schickte aber eingescannte Seiten per E-Mail an Freunde. Nach Erkenntnissen der Ermittler sind die veröffentlichten Tagebucheinträge wahrscheinlich echt. "Die sind authentisch vom Täter erstellt" , sagte ein Polizeisprecher.

Dem Bericht zufolge schrieb der 18-Jährige am 18. November in sein Tagebuch: "In drei Tagen ist alles vorbei! Die Leute werden tot auf dem Schulhof liegen, die Schule wird brennen, und mir wird das Gehirn weggeblasen!" Am Vorabend schrieb über seine Angehörigen, dass sie gute Menschen seien und er ihnen wehtun werde. "Es ist traurig zu wissen, dass ich sie nach morgen nie wieder sehen werde." Der letzte Eintrag von der Nacht vor der Tat laute "Das war's" ("That's it").

Fanatisch Ego-Shooter gespielt
Die Lieblingsbeschäftigung des 18-Jährigen war aber das Ballern am Computerbildschirm. Die „Ego-Shooter“-Spiele „Doom 3“ und „Counterstrike“ zählten zu seinen Favoriten. Bastian B. hatte zwei jüngere Geschwister. Seine Eltern erlitten einen Schock, der Vater musste auf die Intensivstation gebracht werden.

In Schule Außenseiter
In der Schule war Bastian B. stets ein Außenseiter gewesen, dreimal musste er die Klasse wiederholen. „Das wird euch noch mal leidtun“, soll er bereits nach seinem Schulabschluss im Vorjahr gesagt haben. In den letzten Wochen vor seiner Tat jobbte er in einem Baumarkt als Aushilfskraft für Inventur- und Lagerarbeiten. Kundenkontakt hatte er keinen.

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