Trotz der Geplänkel ist keine Überraschung bei der Abstimmung über die neue Barroso-Kommission zu erwarten.
Auf der Tagesordnung stand die Aussprache über die neue EU-Kommission von Präsident Jose Manuel Barroso im Europaparlament, bei der Debatte kam es dann überraschenderweise zu einem Zwist zwischen den Spitzenmandataren von Sozialdemokraten und Grünen. Nachdem der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Martin Schulz, Kritik an Barroso geübt hatte, meinte Grünen-Chef Daniel Cohn-Bendit: "Wir sitzen vor einer Koalition der Heuchler. Direkt vor dem Valentinstag sagen wir Barroso, wir lieben Dich, wir glauben Dir zwar nicht, aber wir stimmen für Dich."
"Ein bisschen Ruhe, Genosse"
Schulz zeigte sich mit
einem Zwischenruf verärgert, worauf Cohn-Bendit meinte: "Jetzt kriege ich
aber noch 30 Sekunden mehr wegen Schulz." Der Sozialdemokrat solle sich
nicht aufregen, "Du bist noch nicht Präsident des Parlaments, ein bisschen
Ruhe, Genosse" Schulz, so der Grüne.
"Divide et impera"
Schulz hatte zuvor bemängelt, dass
Barroso wie ein "Abt" aufgetreten sei, "mit 26 Novizen, die dem
Schweigegelübde unterworfen wurden". Der "Abt hat seinen Novizen gesagt,
sagt bei den Anhörungen lieber nichts,bevor ihr etwas falsches sagt". Dies
sei aber ein Schaden gewesen, denn es hätten einige designierte Kommissare
wie Joaquin Almunia oder Michel Barnier oder auch Kristalina Georgiewa "sehr
wohl gezeigt, dass man mehr Profil gewinnen kann, wenn man mit dem Parlament
in einen mutigen Dialog tritt, als wenn man sich weich spülen lässt". Es sei
auch falsch, wenn Barroso nach dem alten römischen Prinzip "divide et
impera" agiere. "Das ist der falsche Ansatz. Wer das Kollektivorgan in ein
Präsidialsystem verwandeln will, dreht ein großes Rad und muss sich am Ende
sagen lassen, dass die Defizite bei ihm hängen bleiben".
Dinge müssten sich ändern
Zu Beginn der Aussprache
hatte der Chef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Joseph Daul,
wenig überraschend die Unterstützung für Barroso angekündigt. Es sollte
künftig eine beispielhafte Zusammenarbeit zwischen Parlament und Kommission
geben. In den Beziehungen mit dem Rat müssten sich die Dinge ändern. Unter
Hinweis auf die ablehnende Haltung des Europaparlaments zum umstrittenen
Bankdatenabkommen mit den USA (SWIFT) sagte Daul, dies sei ein Beispiel für
die Bedeutung des Parlaments.
"Immer die gleiche Schwäche"
Der Vorsitzende der
Liberalen im Europaparlament, Guy Verhofstadt, zeigte sich ebenfalls über
Barroso skeptisch. "Die neue Kommission muss der Motor der EU werden. In den
letzten fünf Jahren ist das nicht der Fall gewesen. Diesmal fordern wir von
der Kommission, einen Bruch mit den letzten fünf Jahren vorzunehmen". Es
gehe nicht an, dass "die EU immer die gleiche Schwäche zeigt".
Keine Überraschung erwartet
Trotz der Geplänkel im
EU-Parlament ist jedenfalls keine Überraschung bei der Abstimmung über die
neue Barroso-Kommission Dienstagnachmittag zu erwarten. Die Frage dürfte
sein, wie groß die Zustimmung ausfallen wird.