Stichwahl abgesagt

Karzai neuer afghanischer Präsident

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Die Wahlkommission bläst die Präsidentenstichwahl ab.

Die Wahlkommission in Afghanistan hat die für den kommenden Samstag angesetzte Präsidentenstichwahl abgesagt und Amtsinhaber Hamid Karzai zum Sieger erklärt. Das gab der Vorsitzende der unabhängigen Wahlkommission (IEC), Azizullah Lodin, am Montag in Kabul bekannt. Die Entscheidung kam wenige Stunden nach der überraschenden Ankunft von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon in Kabul, der sich sowohl mit Karzai als auch mit dem früheren Außenminister Abdullah Abdullah traf.

"Wir erklären Hamid Karzai, der die Mehrheit der Stimmen im ersten Wahlgang erreicht hat und alleiniger Kandidat im zweiten Wahlgang ist, zum gewählten Präsidenten Afghanistans", sagte der IEC-Vorsitzende Ludin. Das Karzai wohlgesonnene Gremium hatte am Sonntag zunächst erklärt, an der Wahl festhalten zu wollen.

Rückzieher von Abdullah
Abdullah hatte sich am Sonntag aus Protest gegen die seiner Meinung nach unfairen Bedingungen von der geplanten Stichwahl gegen den Amtsinhaber zurückgezogen. Sein Sprecher deutete später an, die Stichwahl könne zu einem späteren Zeitpunkt abgehalten werden, sofern Schutzmaßnahmen gegen Betrug ergriffen würden. Karzai wollte die Wahl wie geplant am kommenden Samstag stattfinden lassen. Dies schloss die Wahlkommission aber nun aus.

Der erste Wahlgang im August war bereits von massiven Fälschungen, insbesondere zugunsten Karzais, überschattet gewesen. Die von der UNO unterstützte afghanische Wahlbeschwerdekommission (ECC) erklärte daher knapp ein Viertel der Stimmen für ungültig. Damit verpasste Karzai mit einem Stimmenanteil von 49,67 Prozent knapp die für eine Wiederwahl im ersten Durchgang notwendige absolute Mehrheit. Abdullah kam auf 30,59 Prozent.

"Nicht abschrecken lassen"
Abdullah hatte zwar seine Kandidatur zurückgezogen, aber nicht zum Boykott der Stichwahl aufgerufen. Damit überließ er Karzai praktisch den Sieg. In Kabul heißt es, beide Politiker seien in Gesprächen über eine Regierungsbeteiligung. Ob eine Einigung in Reichweite ist, war zunächst nicht zu erkennen.

Ban erklärte, die Weltorganisation werde ihre Arbeit in Afghanistan trotz der jüngsten Anschläge fortsetzen. "Wir dürfen uns nicht abschrecken lassen", sagte er. Die UN-Mission in Afghanistan wurde wiederholt Ziel von Anschlägen. Zuletzt wurden am vergangenen Mittwoch bei einem Anschlag auf ein UN-Gästehaus in Kabul acht Menschen getötet, darunter fünf internationale Mitarbeiter der Vereinten Nationen. Am Montag teilten die Vereinten Nationen mit, wegen der Sicherheitslage im Nordwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan werde ihre langfristige Entwicklungshilfe dort eingeschränkt.

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