Erst ließen sie Hilfe nicht ins Land - jetzt stehlen die Machthaber Burmas die Güter. Zudem vertreiben sie Flüchtlinge aus ihren Unterkünften.
Die burmesische Militärjunta lässt nach einer Untersuchung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ausländische Hilfsgüter für die Zyklon-Opfer verschwinden. Nicht alles, was gespendet worden sei, komme bei den Überlebenden der Katastrophe an, sagte der Berichterstatter der Menschenrechtsorganisation, Benjamin Zawacki, am Donnerstag in Bangkok. Amnesty hat Kenntnis von 40 eindeutigen Fällen, in denen Regierungsbeamte Hilfslieferungen abzweigten. In einem Fall seien gleich 48 Lastwagen beschlagnahmt worden. Der prominenteste Schauspieler des Landes, der 46-jährige Zaganar (mit bürgerlichem namen Maung Thura), weurde festgenommen, nachdem er mit 400 Freiwilligen Hilfe für Zyklon-Opfer im Irrawaddy-Delta organisiert hatte.
Verbrechen gegen die Karen
Amnesty International hat der Junta
zudem schwere Menschenrechtsverbrechen gegen die Minderheit der Karen
vorgeworfen. Die Armee führe im Osten des Landes an der Grenze zu Thailand
einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung, berichtete die
Menschenrechtsorganisation. Mehr als 140.000 Menschen seien im eigenen Land
vertrieben worden. Unzählige Menschen wurden demnach gefoltert,
vergewaltigt, zu Zwangsarbeit verdammt oder getötet. Amnesty wertet die
Offensive als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, weil die Armee vor allem
die Zivilbevölkerung im Visier habe.
Die Karen-Befreiungsorganisation "Karen National Union" (KNU) hatte im Vorjahr an alle anderen ethnischen Widerstandsgruppen in Burma appelliert, den Kampf der Demokratiebewegung gegen die Militärdiktatur unter General Than Shwe zu unterstützen. Die KNU kämpfte seit der Unabhängigkeit Burmas 1948 gegen die Zentralregierung. In den vergangenen Jahren hatte die Militärjunta die Karen massenweise zwangsumgesiedelt und etwa 100.000 über die Grenze auf thailändisches Gebiet getrieben. Das thailändische Militär brachte einen Teil der Flüchtlinge gewaltsam zurück.
Opfer werden vertrieben
Amnesty International bestätigte auch
Berichte, dass die Junta Zyklon-Opfer aus ihren Zufluchtsstätten vertreibt.
Viele müssten in Dörfer zurückkehren, die von dem Wirbelsturm Anfang Mai
völlig zerstört worden waren. Bei der Naturkatastrophe kamen nach amtlichen
Angaben wahrscheinlich 134.000 Menschen ums Leben. Hunderttausende wurden
obdachlos. Die Militärdiktatur macht sich nach Informationen der
Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) daran,
zahlreiche Wirbelsturmopfer zu zwingen, die Notunterkünfte zu verlassen. Der
regionale Beauftragte der Vereinten Nationen für Katastrophenhilfe, Terje
Skavdal, verurteilte jegliche Form von Zwangsrückführung. Das Regime hatte
scharfe Kritik an der ausländischen Hilfe für die Opfer des verheerenden
Wirbelsturms "Nargis" geübt und erklärt, die Bevölkerung komme
auch ohne die "Schokoladenriegel" ausländischer Helfer zurecht.
Der von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi angeführten Demokratiebewegung warf die Militärjunta vor, die Folgen des Wirbelsturms zur Anstiftung eines Aufruhrs nutzen zu wollen. Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie (NLD) versuche, "die Unzufriedenheit der Opfer und die Probleme zu schüren, damit die Wut der Öffentlichkeit in Aufruhr ausartet", hieß es in einem Leitartikel des Junta-Organs "The New Light of Myanmar". Der Hausarrest für Suu Kyi wurde in der vergangenen Woche um ein weiteres Jahr verlängert.
US-Kriegsschiffe zogen ab
Nach mehr als zweiwöchiger Wartezeit
verließen die vor dem Irrawaddy-Delta in internationalen Gewässern liegenden
vier US-Kriegsschiffe wieder die Region. Sie hatten keinen Erlaubnis
erhalten, ihre Hilfsgüter mit Hubschraubern an Land zu bringen. Die
staatlichen Medien in Burma hatten berichtet, es drohe eine Invasion der
USA, die die Ölvorräte des Landes in ihren Besitz bekommen wollten.
US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die Militärjunta wegen der
Behinderung internationaler Hilfe an den Pranger gestellt. Die Einschränkung
der Bewegungsfreiheit für die ausländischen Helfer koste Zehntausende von
Menschenleben, sagte Gates.