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Schießerei in Wiener Supermarkt

Serien-Täter schießt Jungpolizisten in Kopf

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Der 23-Jährige kämpfte am Sonntagnachmittag im AKH weiter ums Überleben.

Bei den beiden Polizisten, die am Samstagabend nach einem gescheiterten Überfall auf einen Supermarkt in Wien-Penzing vom Täter angeschossen und schwer verletzt worden sind, handelt es sich nach Informationen der APA um junge Beamte, die noch in Ausbildung standen bzw. diese erst vor wenigen Wochen abgeschlossen hatten. Letzterer kämpfte am Sonntagnachmittag im Wiener AKH ums Überleben.

Polizeischüler niedergeschossen

Der Täter - ein 49 Jahre alter Bosnier (der Mann hätte erst im kommenden August das 50. Lebensjahr vollendet, korrigierte die Polizei am Sonntag ihre ursprüngliche Altersangabe, Anm.) - hatte einem aus Kärnten stammenden Polizisten in den Kopf geschossen. Der Beamte war dem Vernehmen nach erst im vergangenen Mai in den Exekutivdienst übernommen worden. Der zweite Schwerverletzte, der von zwei Kugeln in den Bauch und den Oberschenkel getroffen wurde, war ein Polizeischüler, der eine Funkstreifen-Besatzung zu der Billa-Filiale begleitete, nachdem bei der Polizei um 18.10 Uhr eine Alarmmeldung eingegangen war.

Tatverlauf

Der mit einer Pistole bewaffnete Täter hatte sich kurz vor Geschäftsschluss in die auf der Hütteldorfer Straße gelegene Filiale begeben. Dass es sich bei dem 49-Jährigen um keinen Gelegenheitskriminellen gehandelt haben dürfte, untermauert der Umstand, dass er seine Schusswaffe mit einem - hierzulande verbotenen - Schalldämpfer versehen hatte. Als der Supermarkt um 18.00 Uhr geschlossen wurde, ließ sich der Mann einsperren, verbarg sich vor den Angestellten und trat auf den Plan, nachdem diese sich vom Verkaufsbereich in die Büro- und Lagerräumlichkeiten begeben hatten. Dort bedrohte er dann die drei Angestellten - zwei Frauen und einen 18-jährigen Burschen -, forderte das Geld aus dem Tresor und fesselte die Mitarbeiter mit Kabelbindern. Dem jungen Mann gelang es allerdings noch, für den Täter unbemerkt Alarm auszulösen.

Schusswechsel in Hütteldorf



Insgesamt drei Funkstreifen machten sich umgehend auf den Weg zu dem Supermarkt. Die erste Besatzung, die den Tatort erreichte, versuchte, über den Hintereingang in das geschlossene Geschäft zu gelangen. Die Tür war abgesperrt, worauf die Beamten klopften und sich als Polizisten zu erkennen gaben. Der Räuber reagierte kaltblütig und war keineswegs zur Aufgabe bereit. "Er hat eine Mitarbeiterin gezwungen, zur Tür zu gehen und zu sagen, dass alles in Ordnung ist", berichtete Paul Eidenberger, der Sprecher der Landespolizeidirektion. Den insgesamt drei Polizisten kam die Situation jedoch eigenartig vor. Sie misstrauten der Angestellten, die - wie ihr befohlen - vorgab, es liege ein Fehlalarm vor. Laut Eidenberger forderten sie die Frau auf, aus dem Geschäft zu kommen.

Drei Polizisten verletzt

Daraufhin zeigte sich der bewaffnete Räuber, der sich bis dahin in einer für die Polizisten nicht einsehbaren Ecke befunden hatte. Er stürmte zur Glastür und gab - wie Eidenberger betonte - unverzüglich Schüsse auf die Polizisten ab. Neben den beiden jungen Beamten wurde auch eine Polizistin verletzt, allerdings infolge eines Sturzes. Sie kam vergleichsweise glimpflich davon. Zumindest einem der Beamten gelang es, von seiner Dienstwaffe Gebrauch zu machen - der Räuber wurde von einem Projektil getroffen, was ihn aber nicht daran hinderte, seine Fluchtbemühungen fortzusetzen.

Täter erschossen

Über ein unmittelbar neben dem Lagerraum gelegenes Stiegenhaus lief der 49-Jährige in dem Gebäude-Komplex, in dem der Supermarkt untergebracht ist, in den zweiten Stock. "Dort ist er in eine Wohnung eingebrochen, die zu diesem Zeitpunkt zum Glück leer war", gab Eidenberger bekannt. Der Räuber durchwühlte die Räumlichkeiten, ehe er durch ein Fenster auf ein einen Stock tiefer gelegenes, Richtung Innenhof ausgerichtetes Vordach sprang. Bei der Landung verletzte sich der 49-Jährige jedoch am Bein und war nicht mehr in der Lage, die Flucht fortzusetzen. Er verschanzte sich auf dem Dach hinter einer Mauer. Mittlerweile war ein Großaufgebot der WEGA (Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung) eingetroffen, Hubschrauber und ein Räumungspanzer wurden eingesetzt, die Umgebung großräumig abgesperrt.

Video zum Thema: Schock in Wien

Mithilfe eines Polizeihubschraubers konnte der Räuber schließlich in seinem Versteck aufgespürt werden. Eine im Hubschrauber befindliche Spezialkamera erfasste den Täter, der Standort wurde umgehend den WEGA-Beamten kommuniziert, die - wie Eidenberger darlegte - ohne diese Unterstützung kaum eine Chance gehabt hätten, den Täter rasch ausfindig zu machen. Auf Zuruf der Einsatzkräfte zückte der 49-Jährige neuerlich seine Pistole und schoss. Die WEGA-Beamten entgegneten das Feuer, der Räuber wurde mehrfach getroffen und tödlich verletzt. Eine Obduktion wurde angeordnet.

Serien-Täter

Die Polizei vermutet, dass es sich bei dem gebürtigen, aber in Wien gemeldeten Bosnier um einen Serien-Täter gehandelt haben könnte, der in der jüngeren Vergangenheit ähnliche Überfälle begangen hat. "Der Modus Operandi passt zu anderen, bisher nicht geklärten Raubüberfällen. Wir gehen davon aus, dass das eher kein Zufall sein kann", meinte Polizeisprecher Eidenberger. Offiziell scheinen gegen den 49-Jährigen zwar keine Vormerkungen auf. Die Polizei hält es aber für möglich, dass der Mann eine Namensänderung vornehmen hat lassen. "Das wird derzeit überprüft", sagte Eidenberger.

Zustand "äußerst kritisch"

Vor allem in sozialen Medien kursierende Meldungen, denen zufolge der lebensgefährlich verletzte Polizist bereits in den Nachtstunden im AKH verstorben sein soll, wies die Landespolizeidirektion am Sonntagnachmittag auf neuerliche APA-Nachfrage als unrichtig zurück. Der Zustand des Beamten sei "äußerst kritisch", räumte Eidenberger ein: "Er liegt auf der Intensivstation und kämpft ums Überleben." Der angeschossene Polizeischüler war am Sonntag demgegenüber bereits wieder ansprechbar. Offizielle Angaben zum Alter und Dienstgrad der angeschossenen Kollegen machte die Polizei weiter keine. Die Angehörigen und die an der Amtshandlung beteiligten Beamten wurden vom Psychologischen Dienst des Innenministeriums betreut. Die drei Supermarkt-Angestellten überstanden den Raubüberfall körperlich unversehrt, waren aber schwer geschockt. Ihrer nahm sich ein Kriseninterventionsteam der Gemeinde Wien an.

Politiker betroffen

Bestürzt und betroffen auf die Schießerei und ihre Folgen reagierten Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). "Durch den Einsatz der Polizei konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Supermarktes in Sicherheit gebracht werden und es wurde Schlimmeres verhindert. Es ist tragisch, wenn Polizisten im Dienst lebensgefährlich verletzt werden. Meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Familien und den Angehörigen der Betroffenen", meinte Sobotka in einer Stellungnahme. "Die Brutalität des Überfalls zeigt einmal mehr, dass wir alles tun müssen, um die Polizei personell und technisch optimal auszustatten", gab Häupl in einer Presseaussendung zu bedenken.

"Fassungslos" zeigte sich der Bundesvorsitzende der freiheitlichen AUF-Gewerkschaft und FPÖ-Bereichssprecher für den Öffentlichen Dienst, Werner Herbert. Die Schießerei habe "vor Augen geführt, dass die importierte Kriminalität nicht nur die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung in einem mittlerweile bedenklichen Ausmaß gefährdet, sondern auch, wie gefährlich und unvorhersehbar der Beruf der Polizistinnen und Polizisten ist". Den Exekutivbeamten gebühre "großer Dank und Anerkennung, dass sie jederzeit die eigene Sicherheit und das eigene Leben in der Vollziehung ihres Berufes einzubringen bereit sind", meinte Herbert in einer Aussendung.

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