Aus für Quelle Österreich - 1.100 Mitarbeiter betroffen

Teilen

Aus für Quelle Österreich: Der Vorstand wird den Konkursantrag für den österreichischen Versandhändler vorbereiten, sagte Betriebsratsobmann Felix Hinterwirth nach einer Betriebsversammlung in Linz.

Von der Insolvenz betroffen sind rund 1.100 Mitarbeiter. Die Passiva werden von Insidern auf jenseits der 100 Mio. Euro geschätzt. Damit ist der Quelle-Konkurs eine der größten Handelspleiten nach dem Zusammenbruch von Konsum und Libro.

Heute Vormittag wurden die Belegschaft informiert. Gläubigerschützer gehen davon aus, das der Konkursantrag Ende der nächsten Woche gestellt werden wird.

Das Konkursszenario hat sich bereits abgezeichnet, als bekannt wurde, dass der deutsche Versandhandelsriese Otto nicht nur Quelle Russland sondern auch alle Markenrechte der gesamten Quelle-Gruppe inklusive "Privileg" gekauft hat. Trotzdem wollte Quelle-Vorstand Wolfgang Binder "wie ein Löwe" kämpfen. Bis zuletzt hatte der Vorstand auf einen Investor gesetzt, in dessen Modell eine Stand-Alone-Lösung der Linzer Quelle gepasst hätte.

Wie es für die geschockten Beschäftigten nun weiter geht ist, ungewiss. Derzeit sei aber noch niemand beim AMS im Rahmen des Frühwarnsystems zur Kündigung angemeldet, sagte Betriebsratschef Felix Hinterwirth nach der Betriebsversammlung.

Das AMS hat sich bereits für eine drohende Kündigungswelle gerüstet. Es wurde ein "Notfallplan" erstellt, dabei können laut "Oberösterreichischen Nachrichten" rund 500 Mitarbeiter in einer Insolvenzstiftung aufgefangen werden.

Hundstorfer sichert Betroffenen "volle Unterstützung" zu

Für die 1.100 Betroffenen des Quelle-Konkurses wird es "volle Unterstützung" geben, kündigte Sozialminister Hundstorfer an. Nach der Beendigung der Dienstverhältnisse können die Betroffenen sofort in die Stiftung eintreten, so der Minister. Sie erhalten umfassende Betreuung und haben die Möglichkeit, eine bis zu 4 Jahre dauernde Ausbildung zu absolvieren. Zusätzlich zum Arbeitslosengeld erhalten sie ein Stipendium von bis zu 200 Euro monatlich. Rund zwei Drittel der Beschäftigten von Quelle Österreich sind Frauen.

KSV für "rasche Insolvenzeröffnung"

Der KSV Linz sprach sich für eine rasche Insolvenzeröffnung aus, um wieder Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen. Über den Schuldenstand gibt es noch keinen offiziellen Informationen, in der Bilanz 2008 sind jedenfalls Verbindlichkeit von 76,5 Mio. Euro ausgewiesen.

Letztlich werde auch zu klären sein, "ob eine Muttergesellschaft, die für die notwendige Kapitalausstattung einer Tochter die Verantwortung trägt, den Spieß ganz einfach umkehren und der Tochter lebensnotwendige Bestandteile wie Markenrecht entziehen kann".

Für die Gewerkschaft der Privatangestellten ist die bevorstehende Insolvenz "ein weiteres Beispiel dafür, dass es vor allem die Beschäftigten sind, die die Zeche für verfehlte Managemententscheidungen zu tragen haben", sagte Vorsitzender Wolfgang Katzian. Quelle sei "ein weiteres Beispiel für eine absolute Fehlentwicklung in unserem Wirtschaftssystem, die Anlass zum Umdenken geben müssen".

Quelle: Die Chronologie

Zu Jahresbeginn 2009 feierte der Versandhändler Quelle sein 50-jähriges Bestehen in Österreich. Das Fest fand in einem Flugzeug unter dem Motto "Galaxie" weit über den Dächern Wiens statt. Das Aufsteigen mit dem Flieger sei symbolisch gedacht gewesen, erklärte Quelle-Österreich-Vorstand Wolfgang Binder damals. Der Aufstieg wurde aber nicht geschafft - das Management muss nun den Konkurs vorbereiten. Im Folgenden die wichtigsten Stationen der Konzerngeschichte:

1927 gründete Gustav Schickedanz die Quelle in Fürth (Deutschland). Im Herbst 1928 erschien der erste Katalog.

1959 wurde Quelle Österreich als erste Auslandstochter in Vöcklabruck (Oberösterreich) gegründet. Mit 6 Mitarbeitern erwirtschaftete das Unternehmen im ersten Jahr 6 Mio. Schilling (436.000 Euro).

1960 startete die Expansion der Quelle-Kaufhäuser in Graz und Linz. Ein Jahr darauf wurde der technische Kundendienst gegründet.

1965 eröffnete in Linz eine Versandzentrale mit 400 Mitarbeitern.

1968 knackte Quelle in Österreich erstmals die Schilling-Umsatzmilliarde.

1974/75 erfolgte an der Industriezeile in Linz ein historischer Expansionsschritt: 100 Mio. Schilling wurden in ein neues Versandgebäude und Lager sowie ein neues Kaufhaus investiert. Der Umsatz betrug zu diesem Zeitpunkt rund 2,2 Mrd. Schilling.

1985 überschritt das Angebot im Katalog über 2.000 Seiten.

1994 wurde der erste Quelle-Shop gegründet. Im selben Jahr wurden 11 Quelle-Kaufhäuser an den US-Konzern Woolworth verkauft. 37 % des Umsatzes von 6,4 Mrd. Schilling waren weg. Der Grund: Supermärkte am Stadtrand und der starke Fachhandel bei Mode, Möbel, Elektronik usw. machten Quelle Kunden abspenstig.

1995 gründete Quelle eine Tochter in Italien.

1997 ging die Website www.quelle.at online.

1998 schließt sich Quelle Deutschland mit der Kaufhauskette Karstadt und deren Tochter Neckermann zur KarstadtQuelle AG zusammen.

2007 wird bei KarstadtQuelle der Dachkonzern Arcandor eingeführt. Der Konzern kämpft mit sinkenden Umsätzen.

9. Juni 2009: Quelle-Mutter Arcandor schlittert in die Pleite.

20. Oktober: Alle Rettungs- und Verkaufsversuche für die deutsche Quelle scheitern, 10.500 deutsche sind betroffen. In Österreich hoffen rund 1.000 Mitarbeiter noch auf einen Investor.

6. November 2009: Auch Quelle Österreich muss Konkurs anmelden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.