Der Aufsichtsrat der ÖBB-Holding hat am Dienstag (1. Dezember) nach fast 12-stündiger Sitzung die Ausschreibung der Position des für Güter- und Personenverkehr zuständigen Vorstandes Gustav Poschalko (69) beschlossen. Das gab nach der Sitzung ÖBB-Vorstandschef Peter Klugar bekannt.
Poschalko, dessen Vertrag bis Ende 2010 läuft, wird solange im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist, betonte der ÖBB-Chef. Damit bleibe es in der Holding bei einem Dreier-Vorstand. Zuletzt war über eine Verkleinerung der ÖBB-Führungsspitze und über einen Abgang auch von Klugar selbst spekuliert worden. Das stellte dieser heute in Abrede. "Mich gibt's und solange etwas weitergeht, mache ich das auch gerne".
In der Aufsichtsratssitzung seien "einige sehr gute Entscheidungen getroffen worden", sagte Klugar zur APA. Unter anderem sei der Grundsatzbeschluss für die neue Produktionsgesellschaft gefallen. In dieser sollen Traktion und Verschub zusammengelegt werden. Die neue Gesellschaft wird zu 51 Prozent der Güterverkehrstochter der ÖBB, Rail Cargo Austria (RCA), gehören und zu 49 Prozent dem Personenverkehr.
"Wichtig ist, dass der Güterverkehr ein Durchgriffsrecht hat" sagte Klugar, weil deren Verkehr deutlich volatiler sei, als im Personenverkehr. Die Entscheidung über das Management der Produktionsgesellschaft soll in einem zweiten Schritt fallen, ebenso wie die Verschmelzung des Verschubs. Das Anlagevermögen, also etwa die Loks - ebenfalls ein strittiger Punkt - sollen in der Produktionsgesellschaft selbst bleiben.
Klugar bestätigte auch die Bestellung Alfred Loidolt und Sabine Greiner in die Geschäftsführung der neuen Shared Service-Gesellschaft. Er sei froh, dass diese Entscheidungen gefällt worden sind.
Ausschreibung bereits nächste Woche
Die geplante Ausschreibung des Vorstandspostens von Gustav Poschalko in der ÖBB-Holding wird voraussichtlich schon nächste Woche erfolgen. Einen Textentwurf soll es bereits geben, hieß es aus informierten Kreisen zur APA. Poschalko, dessen Vertrag noch bis 2010 läuft und der erst geht, wenn ein Nachfolger bestellt ist, soll dem Unternehmen weiterhin als Aufsichtsrat und Berater erhalten bleiben.
ÖBB-Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker bezeichnete die Ergebnisse der gestrigen, fast 11-stündigen Sitzung des Kontrollgremiums als "entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft des Unternehmens". Pöchhacker lobte vor allem die Verabschiedung des Budgets für 2010 und die Mittelfristplanung bis 2015. Mit der neuen Produktionsgesellschaft, in der Traktion und Verschub zusammengeführt werden, könnten die ÖBB Synergien nutzen, Kosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit im Güterverkehrsbereich stärken. Zu den Personalentscheidungen äußerte sich der AR-Chef nicht.
Laut Mittelfristplanung soll der Bahnkonzern mit Restrukturierungsmaßnahmen und Kostensenkungen auf der einen und einer Marktoffensive auf der anderen Seite seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Binnen zwei Jahren soll der ÖBB-Konzern damit den Turn-around schaffen. Die Güterverkehrstochter der ÖBB, Rail Cargo Austria (RCA), die die Wirtschaftskrise besonders zu spüren bekam und heuer ein Minus von rund 100 Mio. Euro ausweisen wird, soll spätestens 2012 wieder ein positives Ergebnis ausweisen.
Haberzettl zufrieden
ÖBB-Betriebsratschef Wilhelm Haberzettl sprach von "wichtigen, richtigen und längst überfälligen Entscheidungen" die gefallen seien. Vor allem bei der neuen Produktionsgesellschaft seien sehr vernünftige Lösungen gefunden worden. Die Gesellschaft wird - wie berichtet - künftig zu 51 Prozent der RCA und zu 49 Prozent der Personenverkehrs AG gehören, die Ergebnisse werden 70 zu 30 verteilt. Mit der Neuausschreibung des Vorstandsjobs von Poschalko wird nach Ansicht von Haberzettl erstmals eine Nachfolge richtig geregelt, da es mit allen Fristen und Hearings ohnehin bis Ostern dauern werde, bis ein geeigneter Kandidat gefunden ist.
Dass die Neubestellung eines Vorstands für den Bahnverkehr ein Zeichen für eine Nicht-Verlängerung des Vertrags von ÖBB-General Peter Klugar sein könnte, wollte in Bahnkreisen niemand kommentieren. Zuletzt war spekuliert worden, dass der Poschalko-Nachfolger als künftige Nummer 1 aufgebaut werden könnte. Klugars Vertrag läuft bis Ende 2010. Jedenfalls müsse ein Kandidat Bahnerfahrung mitbringen: "Es braucht in der Holding jemanden, der den Absatz steuern kann, einen Eisenbahner", sagte ein Vertreter des Kontrollorgans.