ÖBB vergrößern nach Datenaffäre Chefetage

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Die ÖBB haben die erste personelle Konsequenz aus dem Datenskandal rund um die systematische Speicherung von Krankenstandsdiagnosen gezogen - und die Chefetage vergrößert. Der bisherige alleinige Boss der für Personalagenden zuständigen Dienstleistungsgesellschaft DLG, Franz Nigl, bekommt einen "Aufpasser" an die Seite gestellt, berichtet "Die Presse".

"Die DLG hat ab sofort zwei Geschäftsführer, die nach dem Vieraugenprinzip entscheiden", bestätigte die Staatsbahn. Das weitere Paar Augen kommt von Emmerich Bachmayer, der seit einigen Monaten in den ÖBB als Personalchef unter Nigl arbeitet und als Spezialist für Beamtendienstrecht gilt.

Nigl teilentmachtet

Hieß es vor einer Woche nach einem ungewöhnlich langen ÖBB-Aufsichtsrat noch, es gebe vorerst keine personellen Konsequenzen, haben sich am Wochenende die Ereignisse überschlagen. ÖBB-Chef Peter Klugar und Aufsichtsratspräsident Horst Pöchhacker sind in der Angelegenheit aktiv geworden. In einem sogenannten Umlaufbeschluss haben die Aufsichtsräte der ÖBB-Holding daraufhin einstimmig Franz Nigl teilentmachtet und Bachmayer zur Seite gestellt.

Dass die Aufsichtsräte nun mit einigen Tagen Verspätung die Entmachtung Nigls als DLG-Chef beschlossen haben, liegt laut "Presse" daran, dass "Gefahr im Verzug" bestehe: Intern heiße es, die Causa würde "eskalieren". Es werden bereits Vergleiche mit der Spitzelaffäre bei der Deutschen Bahn gezogen. Der Aufsichtsrat musste rasch handeln, um nicht selbst haftbar zu werden. Die nächste ÖBB-Aufsichtsratssitzung findet erst Ende November statt - da sei es in der heiklen Causa zu spät für Beschlüsse dieser Art, heißt es.

Mit der Schwächung von Franz Nigl ist die Sache für den ÖBB-Vorstand allerdings noch nicht ausgestanden. In Krisensitzungen wird bereits überlegt, forensische Gutachten für gelöschte/zu löschende Krankenstandsdaten anfertigen zu lassen. Dies sei für Dokumentationszwecke, also den Erhalt von Beweismitteln notwendig. Teuer wird das Ganze in jedem Fall: Solche forensischen Gutachten kosten Hunderttausende Euro.

Grüne befürchten Vertuschung

Die Grünen sehen den Verdacht auf eine Unterdrückung von Beweismitteln im ÖBB-Datenskandal erhärtet. Wie berichtet war nach Auffliegen der Affäre bahnintern die Weisung ausgegeben worden, die gespeicherten Krankendaten der ÖBBler umgehend zu löschen. Nun schreibt die "Presse", dass die Daten, auf Betreiben der ÖBB-Führung, möglicherweise um viel Geld wieder hergestellt werden sollen. Die Bahnführung befürchtet demnach rechtliche Konsequenzen aus der Löschung.

"Das ist ein deutlicher Hinweis, dass Daten, die Beweismittel darstellen, gelöscht worden sind", so der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger in einer Aussendung. Sie erinnerten daran, dass bezüglich der Datenaffäre von ihnen bereits eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht wurde.

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