Im Jahr 2012

Harter Sparkurs in Portugal

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Man müsse viel mehr tun, als ursprünglich geplant, so der Regierungschef.

Mit drakonischen Einsparungen im kommenden Jahr will die portugiesische Regierung das Budgetdefizit des Landes senken. Regierungschef Pedro Passos Coelho stellte am Donnerstag kurz vor Mitternacht in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache den Etat für 2012 vor, der zuvor vom Kabinett verabschiedet worden war. "Das Land durchlebt eine Zeit des nationalen Notstandes", sagte der Regierungschef. "Wir müssen mehr, viel mehr tun als ursprünglich geplant."

Auf gehälter verzichten
Unter anderem kündigte Coelho an, dass Staatsbedienstete mit einem Monatsgehalt von über 1000 Euro vorübergehend auf ein 13. und 14. Monatsgehalt verzichten müssten. Im Privatsektor solle die Arbeitszeit um eine halbe Stunde pro Tag angehoben werden, außerdem seien "Anpassungen" bei der Urlaubszeit geplant. Die Mehrwertsteuer auf zahlreiche Güter und Dienstleistungen soll auf den Normalsatz von 23 Prozent angehoben werden, Ausgaben bei Bildung und Gesundheit sollen gekürzt werden.

Zu den Einschnitten gehören außerdem die Streichung von Steuerabschreibungsmöglichkeiten für Besserverdienende und eine "tiefgreifende Umstrukturierung" des stark defizitären staatlichen Unternehmenssektors. Die seit Juni amtierende liberal-konservative Regierung will zudem die Besteuerung von Finanztransfers erhöhen, die Offshore-Zentren und Steuerparadiese als Ziel haben.

Zwei Jahre
Die meisten Maßnahmen gelten für die nächsten zwei Jahre. Die Sparpläne für 2012 sollen am Montag dem Parlament vorgelegt werden. Das Parlament muss noch Ende November in letzter Lesung über den Haushaltsentwurf 2012 abstimmen. Eine Zustimmung gilt allerdings aufgrund der großen Regierungsmehrheit als sicher.

"Als ich gewählt wurde, hätte ich nie gedacht, dass ich dem Land so strenge Maßnahmen würde ankündigen müssen", sagte Passos Coelho. Er betonte, die Maßnahmen würden nur solange gelten, wie das Land von internationaler Hilfe abhängig sei. Ziel sei es, die Bonität zu verbessern und die Bedingungen zu erfüllen, die an die Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm geknüpft worden seien, sagte der Regierungschef. "Wir hätten es niemals soweit kommen lassen dürfen."

Als Gegenleistung für das 78 Milliarden schwere Hilfspaket der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) muss das hochverschuldete Euro-Land dieses Jahr das Budgetdefizit von 9,8 Prozent (2010) auf 5,9 Prozent der Wirtschaftsleistung senken. Das Ziel für 2012 beträgt 4,5 Prozent. Die von Brüssel erlaubten drei Prozent sollen 2013 erreicht werden.

Wirtschaft schrumpft
In Folge dieser Bemühungen wird die Wirtschaft im ärmsten Land Westeuropas nach Schätzung der Lissabonner Notenbank dieses Jahr um 2,0 und 2012 sogar um 2,2 Prozent schrumpfen. Andere Experten gehen von einem Schrumpfen der portugiesischen Wirtschaft von 1,8 Prozent in diesem und zwei Prozent im kommenden Jahr aus. Die Arbeitslosigkeit in dem südeuropäischen Land liegt bei zwölf Prozent und damit auf dem höchsten Niveau seit den 1980er Jahren.

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