Ex-Banker Helmut Elsner über Spekulant Wolfgang Flöttl und den neuen Bawag-Richter.
Vor acht Monaten durfte Helmut Elsner (76) nach fast fünf Jahren Haft die Justizanstalt Wien-Josefstadt als freier Mann verlassen. Die Causa Bawag lässt den Ex-Banker trotzdem bis heute nicht los. Jeden Tag durchforstet er akribisch die Bawag-Akten, telefoniert mit Anwälten und Behörden in den USA, recherchiert die Transaktionen von Spekulant Flöttl. Elsner scheint der Beweis zu gelingen, dass Flöttl der einzige Täter im Bawag-Skandal ist. „Meine Frau und ich suchen bis spät in die Nacht nach Beweisen. Ich konnte bereits nachweisen, dass Flöttl zumindest eine Milliarde Dollar nicht verspekuliert, sondern veruntreut hat“, so Helmut Elsner gegenüber ÖSTERREICH.
Ist der Richter befangen? Ende April wird der Bawag-Prozess auf Anweisung des Obersten Gerichtshofes nochmals aufgerollt. Auf der Anklagebank werden dann Wolfgang Flöttl und sieben weitere Angeklagte sitzen.
Das neue Verfahren führt Richter Christian Böhm. Rechts-Experten – und auch Helmut Elsner – halten ihn für keine gute Wahl. Er soll in der Sache befangen sein – für einen Richter ein Ausschließungsgrund. Und dafür sprechen mehrere Gründe:
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ÖSTERREICH vorliegende Informationen weisen darauf hin, dass Richter Böhm mit fast drakonischer Härte in der U-Haft alle Enthaftungsanträge von Elsner abschmetterte. Mehr noch: Offenbar stand die Entscheidung von Richter Böhm meist schon vor der Haftverhandlung fest.
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So etwa im Juni 2010. Die Haftverhandlung fand am 11. Juni 2010 statt. Den Beschluss, dass Elsners U-Haft verlängert wird, stellte Böhm aber schon am 10. Juni aus. Also einen Tag vor (!) der Verhandlung.
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Weiteres Beispiel: Auch dauerte es zwei Jahre, bis Böhm ein Goldkettchen von Ruth Elsner, das bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt worden war, freigab. „Ich habe es zu meiner Konfirmation bekommen“, so Ruth Elsner. Zur Herkunft von Goldanhängern und einer alten Uhr führte der Richter sogar eigene Beweisaufnahmen durch. Auch das Vermögen auf Elsners Gambit-Stiftung gibt Richter Böhm bis heute nicht frei, obwohl der OGH das Urteil wegen Betrugs und damit auch die Sperre aufgehoben hat. l Weniger wichtig war Richter Böhm, wo die Gelder der Bawag geblieben sind. Im Verfahren zur Fortsetzung der U-Haft Helmut Elsners hat Böhm immer die Glaubwürdigkeit Flöttls hervorgehoben. „Bei dieser Meinung ist er sogar geblieben, als ich ihm Beweise vorlegte, die Flöttl Glaubwürdigkeit absprechen“, so Elsner. Ein Beispiel: Flöttl meldete der Bawag einen Verlust von rund 350 Millionen Euro Mitte November 2000. Der Schönheitsfehler: Allein auf drei von Elsner ausgeforschten Konten Flöttls befanden sich noch Anfang Dezember rund 150 Millionen Euro. Hinter vorgehaltener Hand befürchtet man nun in Justizkreisen einen weiteren Schauprozess, für den das Ergebnis schon heute feststeht. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Interview: "Flöttl hat der Bank 1 Milliarde gestohlen"
ÖSTERREICH: Herr Elsner, erlauben Sie mir zunächst eine private Frage: Wie geht es Ihnen acht Monate nach der Freilassung aus der Untersuchungs-Haft?
Helmut Elsner: Ich fühle mich manchmal subjektiv besser, als es mir objektive medizinische Befunde attestieren. Ich benötige nach wie vor täglich eine Unzahl von Medikamenten. Auf Grund meiner derzeitigen umfangreichen Befassung mit der Aufarbeitung der Gerichtsakten kommt es auch immer wieder zu Erschöpfungszuständen. So muss ich immer wieder Pausen während meiner Recherchen im Bawag-Fall einlegen.
ÖSTERREICH: Wie viele Stunden widmen Sie sich im Moment pro Tag der Aufklärung des Bawag-Falles?
Elsner: Ich beschäftige mich eigentlich den ganzen Tag damit. Ich gehe sehr motiviert an die Sache heran. Vormittags telefoniere ich viel mit meinem Rechtsanwalt, wegen der Zeitdifferenz zu den USA befasse ich mich am Nachmittag mit den Recherchen in den USA. Fallweise arbeite ich bis in die Nacht, und meine Ehefrau unterstützt mich tatkräftig und effizient beim Durchsuchen der Akten.
ÖSTERREICH: Klar gefragt: Ist denn der Bawag-Richter Christian Böhm in Ihren Augen befangen?
Elsner: Das ergibt sich aus den Unterlagen und Protokollen der Haftverhandlungen. Beispielsweise hat Richter Böhm bereits am 10. Juni 2010 den Beschluss über die Fortsetzung der U-Haft gefällt, obwohl die Haftverhandlung erst einen Tag später stattgefunden hat. Daher befindet sich im Beschluss auch nichts von dem, was in der Haftverhandlung besprochen wurde. Das beweist, dass er auf Argumente gar nicht mehr eingehen wollte, weil es ihm sonst schwer gefallen wäre, die Fortsetzung der U-Haft zu begründen. Dies allein ist wohl ein deutlicher Befangenheitsbeweis und somit ein Ausschließungsgrund.
ÖSTERREICH: Wird das Ihrer Ansicht nach reichen, um Richter Böhm Befangenheit nachzuweisen?
Elsner: Nach der strikten Regelung der Strafprozessordnung und der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist dies sicherlich der Fall. Darüber hinaus braucht man nach Meinung von Rechtsexperten keine konkreten Beweise, es genügt der Anschein, dass Befangenheit vorliegen könnte. Dies ist wohl der Fall, wenn man berücksichtigt, dass Böhm Flöttl immer Glaubwürdigkeit bescheinigt hatte und nach wie vor keine Anstalten trifft, nachzuforschen, wo das Flöttl anvertraute Bawag-Geld verblieben ist.
ÖSTERREICH: Hat es für Sie auch den Anschein, dass die Untersuchungshaft deswegen solange gedauert hat, um Sie vor Nachforschungen in der Causa Bawag auszuschließen?
Elsner: Auch die Öffentlichkeit hat ja, wie ich verschiedenen Medien entnehme, diesen Eindruck. Wie man ja sehen kann, ist mir in den acht Monaten meiner Freiheit bereits gelungen, alleine den Raubzug Flöttls auf die Bawag nachzuweisen. Zumindest eine Milliarde Dollar hat Flöttl nicht, wie behauptet, verspekuliert, sondern der Bank gestohlen.
ÖSTERREICH: Aber auch wenn Sie jetzt viele neue Beweise finden, so darf Spekulant Wolfgang Flöttl laut Gesetz bei einem neuen Bawag-Prozess keine höhere Verurteilung bekommen als beim Ersturteil. Wie sehen Sie das?
Elsner: Das stimmt. Nur wenn der Fall komplett neu verhandelt wird, kann es eine höhere Strafe für Wolfgang Flöttl geben. Dafür braucht es eine Wiederaufnahme.
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