"Nikkei" berichtet

IWF-Chefposten geht wohl an Lagarde

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Japan wird seine Entscheidung frühestens am 10. Juni bekanntgeben.

Die Französin Christine Lagarde wird einem japanischen Medienbericht zufolge wahrscheinlich neue Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Lagarde werde von den USA und Japan unterstützt, berichtete die Finanzzeitung "Nikkei" am Sonntag unter Berufung auf Kreise aus der globalen Finanzindustrie. Damit sei wahrscheinlich, dass die französische Finanzministerin den Job auch erhalte. Die USA und Europa verfügten zusammen über 48 Prozent der Stimmrechte im IWF und Japan über sechs Prozent. Sollte Lagarde alle Stimmen aus Europa bekommen, habe sie mehr als 51 Prozent sicher und bekomme damit den Posten, schlussfolgerte das Blatt.

USA und Japan sollen hinter ihr stehen
Es werde erwartet, dass die USA und Japan - die Länder mit den meisten Stimmrechten im IWF - ihre offizielle Unterstützung für Lagarde frühestens am 10. Juni bekanntgäben, berichtete die Zeitung. Zu dem Zeitpunkt ende der Nominierungsprozess.

Der japanische Finanzminister Yoshihiko Noda hat bisher zu dem Thema lediglich gesagt, der neue IWF-Chef sollte in einem offenen, transparenten und auf Qualifikationen basierenden Prozess gefunden werden. Die USA haben sich wohlwollend zu Lagarde geäußert, wollten sich vor Ende der Nominierungsfrist aber nicht offiziell äußern. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt die Bewerbung der Französin. Vor allem Schwellenländer hatten zuletzt gefordert, der Chefposten beim IWF dürfe nicht mehr länger automatisch an einen Europäer gehen. Lagarde hat sich auf den Posten ebenso offiziell beworben wie der mexikanische Zentralbankchef Agustin Carstens. Der bisherige IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn - ebenfalls ein Franzose - war im Mai zurückgetreten. Er ist in den USA wegen der versuchten Vergewaltigung eines Zimmermädchens angeklagt.

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Die Kandidaten für den IWF-Chefposten

Der Finanzminister des asiatischen Stadtstaates wurde für seinen Vorsitz des IWF-Ausschusses für Währungs- und Finanzfragen hoch gelobt. Am Mittwoch wurde er in seiner Heimat aber zum stellvertretenden Regierungschef ernannt und steht deshalb wahrscheinlich nicht zur Verfügung.






Die Regierung in Paris würde den Posten gern erneut besetzen und wirbt für ihre Finanzministerin. Die lange in den USA tätige ehemalige Anwältin kennt die internationale Finanzszene genau. Gegen sie sollen allerdings Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs eingeleitet werden. Lagarde soll eine Entscheidung zugunsten des Skandalunternehmers Bernard Tapie beeinflusst haben.





Der ehemalige Bundesbank-Chef könnte eine Alternative zu Lagarde sein. Er war Ende April zurückgetreten, nachdem sein harter geldpolitischer Kurs in der Schuldenkrise auf Widerstand gestoßen war. Damit stieg er auch aus dem Rennen um den Chefposten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) aus. Ab Juni will Weber als Gastprofessor an die Universität von Chicago gehen.




In deutschen Medien wird auch der Deutsche-Bank-Chef als möglicher Nachfolger Strauss-Kahns genannt. Der Vertrag des Schweizers läuft allerdings noch bis 2013, und sein Weggang würde bei Deutschlands größtem Finanzinstitut wohl eine schwierige Nachfolgedebatte auslösen.



Dem ehemaligen Finanzminister werden laut türkischer Presse gute Chancen in der IWF-Zentrale eingeräumt. Der Sozialdemokrat hatte vor zehn Jahren zur Bekämpfung einer schweren Wirtschaftskrise ein schmerzhaftes Reformprogramm für sein Land mitgestaltet. 2005 wechselte Dervis als Chef zur UN-Entwicklungsorganisation UNDP. Seit zwei Jahren arbeitet er bei der US-Denkfabrik Brookings Institution.


Der britische Ex-Premier hat offen Interesse für den Job bei der Washingtoner Finanzfeuerwehr gezeigt. Dem Labour-Mann fehlt aber die Unterstützung der konservativ-liberalen Nachfolgeregierung.

Der ehemalige Weltbank-Manager und Vorsitzende des IWF-Ausschusses zur Bewertung der Arbeit des Fonds ist offizieller Kandidat Indiens. Allerdings fehlt ihm bisher die Unterstützung durch asiatische Nachbarländer, allen voran vom Schwergewicht China.

Der Zentralbankgouverneur und ehemalige Finanzminister kann auf Unterstützung durch Washington und eine Reihe von Schwellenländern hoffen. Problem für ihn ist, dass mit seinem Landsmann Angel Gurria an der Spitze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits ein Mexikaner eine wichtige Wirtschaftsinstitution leitet.

Der ehemalige Finanzminister hatte schon in jungen Jahren sein Talent bewiesen und gilt als Vertrauter von Ex-Präsident Nelson Mandela. Ob er eine breite Unterstützung auf dem afrikanischen Kontinent hat, ist aber unklar.

Der ehemalige Weltbank-Volkswirt leitet derzeit die israelische Zentralbank. Er war von 1994 bis 2001 stellvertretender IWF-Chef, eine breite Unterstützung eines Kandidaten aus Israel gilt jedoch als unwahrscheinlich.