Nach Millionen-Deal

Lauda: "Ich werde nie ein Pensionist"

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Österreichs bekanntester Unternehmer gibt die Anteile an seiner Fly Niki ab.

Niki Lauda überraschte diese Woche – wieder einmal – das ganze Land. Am Dienstag gab er bekannt, dass er seine Airline Fly Niki komplett an die deutsche Air Berlin verkauft. Für 40 Millionen Euro gibt er seine restlichen 50,1 % an die Deutschen ab. Lauda zieht in das 13-köpfige Board (Aufsichtsrat) der Air Berlin ein, will künftig „von oben“ die Strategie der zweitgrößten deutschen Airline und von Fly Niki mitbestimmen.

Seit Dienstag mutmaßt Österreich über Laudas wahre Beweggründe für den Rückzug: Hat er wirklich verkauft, weil er ins Board wechseln will? War ihm das Sparprogramm, das die marode Air Berlin seiner Fly Niki aufhalsen will, zu hart? Wollte er die 40 Millionen Euro kassieren? Oder hatte er Angst vor der drohenden Krise?

Board statt Fly Niki
Im 
ÖSTERREICH-Interview räumt Lauda nun mit allen Gerüchten auf: Der neue Air-Berlin-Chef Mehdorn habe ihm einen Sitz im Board angeboten: „Das war für mich sehr reizvoll. Als Independent Board Member darf ich keine Anteile mehr an Fly Niki halten – deshalb war der Schritt für mich logisch: Ich ziehe meine Verkaufs-Option und gehe ins Board.“

Von Krise keine Spur: Fly Niki macht im laufenden Jahr 12 Millionen Euro Gewinn, 430 Millionen Umsatz und hat bei den Passagieren ein Plus von 20 Prozent. Nächstes Jahr stockt die Airline von 21 auf 23 Flugzeuge auf, will noch einmal um 10 % wachsen.

Er bleibt Kapitän & behält Büro
Fad wird Lauda aber auch künftig nicht – das bewies er bereits an den ersten Tagen nach dem Verkauf. Mittwoch und Donnerstag verbrachte er den ganzen Tag in seinem Büro in der Fly-Niki-Zentrale, erst Freitagmittag verabschiedete er sich ins Wochenende – aber nicht zum Entspannen, sondern zum Formel-1-Grand-Prix nach Abu Dhabi, wo er als RTL-Experte arbeitet (seinen Vertrag mit dem deutschen TV-Sender will er verlängern). Sein Büro bei Fly Niki wird er behalten, und er wird die nächsten drei Jahre weiter als Kapitän für „seine“ Airline fliegen (dann läuft seine Lizenz aus).

Auch privat ist Lauda voll im Einsatz: Er verbringt fast jeden Abend mit seiner Frau Birgit („mein Lebensmensch“) und den Zwillingen Max und Mia. Am Sonntag gehen sie gemeinsam frühstücken, dann in den Park Enten füttern: „Ich bin zum perfekten Familienvater geworden.“

Seine berufliche Zukunft lässt er offen. Nur eines schließt er aus: „Eine neue Airline gründe ich 100-prozentig nicht. Ich habe weder einen Namen zur Verfügung noch Lust ...“

ÖSTERREICH: Niki, darf man zum Verkauf deiner Airline gratulieren oder muss einem das Ende der Ära Niki bei Fly Niki leidtun?
Niki Lauda: Du darfst gratulieren. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Lösung, weil sie optimal ist. Das muss ich ausführlicher erklären: Ich habe vor acht Jahren mit Fly Niki begonnen, habe damals die Hilfe von Air Berlin benötigt und dafür 25 % abgegeben. Danach habe ich das perfekt aufgebaut, bin profitabel geflogen. Dann kam die nächste Stufe: Da habe ich die Beteiligung von Air Berlin auf 49 % angehoben, weil ich mehr Synergien hebeln und mich gegen die AUA besser positionieren wollte.
ÖSTERREICH: Du hast dir damals das Recht ausverhandelt, die restlichen 51 % für ein Darlehen von 40 Millionen verkaufen zu können.
Lauda: Richtig. Jeder vernünftige Unternehmer, der etwas aufbaut, muss weiterdenken. Für mich war logisch, dass man sich ein Ausstiegsszenario aushandeln muss, wenn man die Hälfte seiner Airline abtritt. Diese Option gilt bis 2013. Fly Niki fliegt seit Jahren profitabel, Air Berlin dagegen ist leider in den Verlust geraten – also entstand eine neue Situation. Der neue Chef von Air Berlin, Hartmut Mehdorn, hat mir einen Platz im Board, also dem Aufsichtsrat von Air Berlin angeboten – und das war für mich unglaublich reizvoll, weil ich glaube, dass ich einiges an Expertise dazu beisteuern kann, dass auch die Air Berlin wieder profitabel fliegt. Als Independent Board Member darf ich keine Anteile mehr an Fly Niki halten – deshalb war der Schritt für mich logisch: Ich ziehe meine Verkaufs-Option und gehe ins Board .
ÖSTERREICH: Du hättest ja wohl auch als Eigentümer von Fly Niki ins Board gehen können?
Lauda: Definitiv nicht. Independent Board Member kann ich nur sein, wenn ich keine Anteile mehr habe.
ÖSTERREICH: Hast du die 40 Millionen Cash kassiert – oder dient dieses Geld zur Löschung eines Kredit-Darlehens?
Lauda: Ich habe von den 40 Millionen, die mir als Darlehen zugesichert waren, nie einen Euro angerührt.
ÖSTERREICH: Das heißt, du kassierst tatsächlich 40 Millionen Euro am Verkauf?
Lauda: Der genaue Betrag steht noch nicht fest, den wird Air Berlin als Aktiengesellschaft dann publizieren. Aber in der Richtung …
ÖSTERREICH: Du hast ja bekanntlich nix zu verschenken?
Lauda: Ich habe die Firma mit meinen Mitarbeitern aufgebaut, deshalb war mir wichtiger, dass die Zukunft von Fly Niki gesichert ist, als wie viel ich verdiene.
ÖSTERREICH: Man muss sich aber keine Sorgen um deine Finanzen machen?
Lauda: Ganz sicher nicht.
ÖSTERREICH: Was bist du nun in Zukunft? Bleibst du Chef von Fly Niki? Oder nur mehr Kapitän? Oder Portier?
Lauda: (lacht) Ich war bei Fly Niki immer Portier. Im Ernst: Es gab von Beginn an zwei Geschäftsführer – Otmar Lenz und Gottfried Neumeister. Ich war nie CEO, sondern nur Präsident. Ich war also offiziell nie im Tagesgeschäft.
ÖSTERREICH: Und in Zukunft?
Lauda: Bin ich nicht mehr Präsident, sondern Board-Member. Ich behalte mein Büro, ich bleibe Fly Niki als Kapitän erhalten, fliege weiter dreimal die Woche oder sogar mehr, wenn mir fad wird. Für die Passagiere, das Produkt und die Niki-Marke ändert sich also gar nichts.
ÖSTERREICH: Gehe ich richtig in der Annahme, dass dein Entschluss, die Airline zu verkaufen, auch damit zu tun hatte, dass dich die politische Situation in unserem Land gemagerlt hat?
Lauda: Gemagerlt hat mich das sehr und ich werde auch nicht aufhören, mich weiter darüber aufzuregen. Natürlich wird die AUA stark bevorzugt, natürlich gibt es nach wie vor kein faires Wettbewerbsdenken, natürlich ist alles politisch verfilzt. Aber ich muss auch sagen, dass sich die Wettbewerbs-Situation zuletzt deutlich verbessert hat und dass du als Airline-Unternehmer immer unter Problemen leidest. Mal ist es die Aschewolke, dann die Krise in Nahost, dann der hohe Kerosinpreis. Und trotzdem bin ich mit Fly Niki profitabel geflogen. Ich mache im laufenden Jahr 12 Millionen Euro Gewinn bei 430 Millionen Umsatz, hab bei den Passagieren 20 Prozent plus. Und liege mit 4,3 Millionen Passagieren nur mehr knapp hinter der AUA.
ÖSTERREICH: Hat dich dieser Kampf gegen AUA und Politik nicht viel Kraft gekostet?
Lauda: Ich habe irrsinnig viel Kraft gebraucht, es hat aber auch Spaß gemacht.
ÖSTERREICH: Hast du vielleicht auch verkauft, weil du Angst vor der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa hattest?
Lauda: Ich mache mir nicht nur Sorgen um den Euro – ich mache mir mittlerweile Sorgen um uns alle. Wir sehen immer mehr, dass unsere Politiker keine Krisenmanager sind. Politiker sind leider Populisten, die gewählt werden wollen. Und das führt uns alle noch in den Abgrund. Was mit Griechenland passiert, ist ein totaler Wahnsinn. Jeder Krisenmanager hätte ein Worst-Case-Szenario entworfen, dann langfristige Strategien und nötigenfalls unpopuläre Entscheidungen getroffen. Die Politiker tun das Gegenteil: Sie stopfen nur mit immer mehr Geld immer größere Löcher, damit das Debakel keinem auffällt und sie wieder gewählt werden. Und jedes Land funktioniert so wie unseres – es werden nur Kompromisse gemacht. Den Schuldennachlass für die Griechen hätte man vor einem Jahr machen müssen – jetzt sind Hunderte Milliarden weg.
ÖSTERREICH: Droht uns die Krise?
Lauda: Unter Garantie. Die Situation wird ja immer dramatischer. Jetzt zahlen schon die Italiener 7 % Zinsen für ihre Anleihen, die Griechen 10 %. Wenn wir denen jetzt Hunderte Milliarden pumpen, ohne selbst endlich auf die Budgetbremse zu steigen, dann wird auch bald Deutschland statt 2 % an die 5 % Zinsen zahlen. Und dann geht’s bergab. Kein Land in Europa hat bisher seine Schulden saniert. So wie die Politik derzeit nur Löcher stopft, kommen wir nicht weiter.
ÖSTERREICH: Hast du vielleicht auch deshalb verkauft, weil du künftig mehr Zeit für die Familie haben willst?
Lauda: Ganz sicher nicht. Ich habe ein super Verhältnis zu meiner Frau, die mein Lebensmensch ist, und zu meinen zwei kleinen Zwergen. Wir gehen jeden Sonntag ins Café frühstücken und dann in den Park Enten füttern. Ich bin fast jeden Abend zu Hause, weil ich meine Abendtermine auf ein Minimum reduziert habe. Ich bin zum perfekten Familienvater geworden. Und meine Work-Life-Balance war bisher ganz hervorragend.
ÖSTERREICH: Wird dir die Arbeit in den nächsten Jahren nicht stark abgehen?
Lauda: So wie ich gestrickt bin, wird mir nie langweilig werden. Drei Jahre darf ich noch fliegen, daneben läuft mein RTL-Vertrag bei der Formel 1, der sehr viel Zeit und jedes zweite Wochenende kostet. Und dann werde ich Zeit für das Air- Berlin-Board brauchen ...
ÖSTERREICH: Und wenn dir fad wird?
Lauda: Dann starte ich was Neues. Ich hab aber noch keine Idee, was.
ÖSTERREICH: Neue Airline?
Lauda: Das schließe ich 100- prozentig aus. Ich habe weder einen weiteren Namen zur Verfügung noch Lust.
ÖSTERREICH: Dann gehst du also wirklich in Pension?
Lauda: Bist du narrisch? Das Wort Pension hasse ich. Ich kann dich beruhigen: Pensionist bin ich in 10 Jahren noch nicht – da starte ich lieber was Neues.
ÖSTERREICH: Medien?
Lauda: Das überlass ich dir.
ÖSTERREICH: Formel 1?
Lauda: Sicher nicht. Das überlass ich dem Mateschitz.
ÖSTERREICH: Was machst du mit deinen 40 Millionen?
Lauda: (Lacht.) Die schenk ich den Griechen – lass dich überraschen.
ÖSTERREICH: Und wenn du in Zukunft mehr Zeit hast?
Lauda: Geh ich mit meinen Kindern jeden Tag in den Park Enten füttern …

Interview: Wolfang Fellner

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Niki steigt bei "NIKI" aus

Für die Passagiere soll sich durch den Totalverkauf von Niki ("flyniki") an die Air Berlin nichts ändern, betonten Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn und Niki-Gründer Niki Lauda am Dienstag vor Journalisten. "Niki bleibt Niki als Marke", sagte Mehdorn.

Lauda, der im Dezember in den Board von Air Berlin übersiedelt, will "nach wie vor die Augen auf Niki halten. Ich bin von oben für Niki verantwortlich". Der Airline-Konkurrenz richtete er heute aus, "der lästige Molch Lauda ist nicht weg". Und er gehe nicht in Pension. Lauda will auch weiterhin Flugzeuge selber fliegen

Niki werde weiterhin eine eigenständige Gesellschaft mit eigener Geschäftsführung sein, wurde heute in Wien erklärt. Niki Lauda selbst war immer nur Gesellschafter bei seiner Billigairline und trug in seiner Firma den Namen "Präsident". Mittels eines Marketingvertrags habe er seinen Werbewert eingebracht.

Eine dritte Airline will Lauda nicht mehr gründen. "Mir gehen die Namen aus", meinte er heute. Die neue Aufgabe im Air-Berlin-Board reize ihn sehr. Statt "unten zu motzen" wollte er "oben mitmachen. Mir ist lieber, ich kann mitbestimmen", sagte er heute vor Journalisten.

Anfang 2004 hatte die Air Berlin 24 Prozent an Laudas kurz davor gegründeter neuer österreichischer Airline übernommen. 2010 hat Lauda weitere 25,9 Prozent an Air Berlin verkauft. Allerdings hat Air Berlin damit die Option auf alles erhalten, denn für ein (letztlich ungenutztes) Darlehen der Deutschen diente der Hälfteanteil der Lauda-Stiftung als Pfand.

Die Übertragung der bisher von Laudas Privatstiftung gehaltenen knappen Mehrheit soll bis Jahresende durch sein. Damit gehört "Niki" dann zu 100 Prozent der Air Berlin. Noch in Gründung sind die verkehrsrechtlich argumentierten dazwischenliegenden "österreichischen" Stiftungskonstrukte, die nach außen eine inländische Mehrheit darstellen sollen.

Für den Deal fließen 40 Millionen Euro in Laudas Privatstiftung.

Lauda wird einer von 13 Aufsichtsratsmitgliedern im Board der Air Berlin sein.