Eurozone-Staaten

Niedrigere Zinsen für Griechen gefordert

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Man will den Zinsatz mit privaten Gläubigern auf unter 4% bringen.

Bei der Rettung Griechenlands vor der Staatspleite stellen die übrigen Eurostaaten neue Bedingungen. Damit werden die schwierigen Verhandlungen zwischen griechischer Regierung und den Banken über einen Schuldenschnitt weiter kompliziert.

Verhandlungen fortsetzen
Die Euro-Finanzminister forderten ihren griechischen Amtskollegen Evangelos Venizelos auf, die Verhandlungen mit den Banken fortzusetzen und den Zinssatz für auf 30 Jahre laufende Anleihen Griechenlands "klar unter vier Prozent zu bringen". Das sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, am frühen Dienstagmorgen in Brüssel nach knapp neunstündigen Beratungen in Brüssel. "Das beinhaltet, dass Zinsen über 3,5 Prozent für den Zeitraum bis 2020 liegen", so Juncker.

Die neuen Papiere sollen die alten griechischen Staatsanleihen nach einem Schuldenschnitt ersetzen. Nach Vorstellung des Bankenverbandes sollen die Papiere nach früheren Angaben einen Zinssatz von im Durchschnitt vier Prozent haben.

Kraftakt Athens
Die Eurostaaten sind mit dem Kraftakt Athens im Kampf gegen die Krise nicht zufrieden und pochen auf neue Anstrengungen. Für ein zweites Hilfsprogramm müssten neue Strukturreformen umgesetzt werden, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Juncker erklärte: "Es ist offensichtlich, dass das griechische Programm nicht mehr auf dem Schiene ist." Er betonte allerdings, dass "für jeden von uns die Zukunft von Griechenland eindeutig innerhalb der Eurozone liegt". Der Eurogruppen-Chef forderte, es müsse in den nächsten Tagen eine grundsätzliche Abmachung in Athen über die Einbeziehung der Privatgläubiger geben. Damit solle der staatliche Schuldenberg bis zum Ende des Jahrzehnts auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Erlaubt sind in der EU normalerweise nur 60 Prozent.

Fiskalpakt
Die Finanzminister des Eurogebiets und anderer EU-Staaten unterstützen den neuen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. "Der Text ist eine gute Basis für die Staats- und Regierungschefs", sagte der luxemburgische Premier Juncker. Die Staats- und Regierungschefs sollen den neuen Sparvertrag bei ihrem Sondergipfel in der kommenden Woche am 30. Jänner billigen. Der Text soll dann im März unterschrieben werden. "Wir sind jetzt auch so weit, dass die Mitgliedsländer den Ratifizierungsprozess einleiten können, damit er im Juli in Kraft treten kann". Juncker sagte, dass das Inkrafttreten dann möglich sei, wenn 90 Prozent der kapitaleinzahlenden Länder ratifiziert haben.

Vor allem Berlin pocht auf das Papier, das rechtlich verbindliche Regeln zum Defizitabbau und zur Verankerung von nationalen Schuldenbremsen enthält. Bis zum Gipfel soll noch ein neuer Textentwurf vorgelegt werden.

Neue Krisenfonds
Die Eurostaaten stellen zum 1. Juli einen neuen Krisenfonds für klamme Mitglieder auf die Beine. Die Minister verständigten sich auf den Vertrag für den ständigen Rettungsschirm ESM. Der Hilfsfonds startet ein Jahr früher als ursprünglich geplant und hat einen Umfang von 500 Milliarden Euro. Im März wollen die EU-Staats- und Regierungschefs prüfen, ob die ESM-Obergrenze reicht. Dieser Kontrolltermin war schon im vergangenen Jahr beschlossen worden.

Beim Abstimmungsverfahren im ESM-Vertrag sei eine Lösung gefunden worden, die "operationelle Effizienz und demokratische Legitimität verbindet", hieß es von Juncker. Bei einer "Notfallabstimmung" könnte mit einer verstärkten qualifizierten Mehrheit von 85 Prozent über die Einsetzung des Fonds entschieden werden. Damit sei man Finnland entgegen gekommen, "Finnland kann jetzt auch den ESM-Vertrag rechtzeitig ratifzieren". Zuvor hatte es von finnischen Diplomaten geheißen, die neue Regelung sehe vor, dass Finnland sich nicht an Hilfseinsätzen für Schuldenländer beteiligen muss, wenn es im Zuge einer Eilentscheidung überstimmt wurde.

Ausweitung
Italiens Regierungschef Mario Monti und die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderten eine deutliche Ausweitung des ESM. "Wir brauchen eine größere Brandmauer", sagte Lagarde in Berlin. Monti regte eine Aufstockung auf 1 Billion Euro an. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine Ausweitung aber ab. Eine kolportierte Variante, nach der Deutschland der Ausweitung auf 750 Milliarden zustimmen könnte, wenn die Euro-Staaten einem strengeren Fiskalpakt zustimmen, wurde in Berlin am Montagabend dementiert.

Der ESM löst den im Sommer auslaufenden Hilfsfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) ab. Als wichtige Neuerung wird er über ein Barkapital von 80 Milliarden Euro verfügen und damit unabhängiger von Bewertungen der Ratingagenturen werden.

Ausreichende Mittel
Der Chef des Krisenfonds für klamme Eurostaaten EFSF, Klaus Regling, sagte, dass sein Fonds auch nach der Herabstufung durch die Ratingagentur Standard & Poor's ausreichend Mittel für laufende und potenzielle künftige Hilfsprogramme habe. Die Vervielfachung der Mittel über einen Kredithebel könne bald anlaufen. So kann der EFSF beispielsweise das Risiko eines Zahlungsausfalles für Schuldtitel gefährdeter Eurostaaten übernehmen. Für diese Art Teilkaskoversicherung soll beim EFSF der frühere luxemburgische Premier Jacques Santer zuständig sein. Santer war in den 1990er Jahren Präsident der EU-Kommission - das von ihm geführte Gremium scheiterte 1999 an internen Skandalen.

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